zum Hauptinhalt

Lesermeinung: Stadtverordnete ohne Verständnis für die Außenwelt

Zu: „Bretz: Potsdam fehlt die Lobby“, 12.7.

Stand:

Zu: „Bretz: Potsdam fehlt die Lobby“, 12.7.

Die Ausführungen von Herrn Bretz sind für mich Veranlassung, meine Sicht zu den von ihm benannten Problemen aufzuzeigen. Aus unserer gemeinsamen früheren Tätigkeit im Aufsichtsrat des Ernst von Bergmann Klinikums kenne ich ihn als profunden Kenner des Gesellschaftsrechts; und deshalb bin ich verwundert, dass er nichts zur Unzulässigkeit der Transparenzkommission sagt. Vom Gegenstand ihrer Tätigkeit wird sie nicht umhinkommen, sich mit konkreten Geschäftsvorgängen in einer GmbH zu beschäftigen. Dazu ist sie nach dem Regelwerk des Gesellschaftsrechts, das als höherrangiges Recht dem Kommunalrecht vorgeht, nicht befugt; bestenfalls dürfte das Rechnungsprüfungsamt erweiterte Prüfrechte im Gesellschaftsvertrag eingeräumt bekommen. Unter diesen Gesichtspunkten ist es für mich sehr fragwürdig, dass eine Rechtsanwältin den Auftrag zum Vorsitz in dieser Kommission angenommen hat. Der Bildung eines Sonderausschusses mit der Aufgabe, die Kompetenz der Stadtverwaltung bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung – frei von unzulässigen Einflüssen Dritter – zu überprüfen, stimme ich zu, aber nicht nach altgriechischer Methode vom Standpunkt eines Scherbengerichts zur Verbannung missliebiger Personen. Ich bedauere es aus heutiger Sicht, dass ich an der Vertreibung des einzigen Baustadtrates nach der Wende, der sein Amt in Einheit von Engagement und Verstand und unter Hinterlassung von Ergebnissen mit dauerhaften Bestand versehen hat, beteiligt war.

Potsdams Problem ist nicht mangelnde Demut. Diese Stadt leidet an einer ansteckenden Krankheit, die schubweise von September bis Juli an jedem ersten Mittwoch im Monat auftritt und bereits von Karl Marx als „parlamentarischer Idiotismus“ beschrieben wurde, der das „Verständnis für die rauhe Außenwelt raubt“. Bei einigen Stadtverordneten äußert sich das in der Weise, dass sie Luftschlösser bauen, in denen andere wohnen sollen und sie bestellen zugleich die Gutachter, die die Miete kassieren. Der Bürger trägt die Entsorgungskosten für den Müll, der dabei rauskommt.

Siegmar Krause, Potsdam

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })