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Lesermeinung: Synagoge und kleinkrämerische Fassadendiskussionen

„Potsmoderne“ gefordert, 5.5.

Stand:

„Potsmoderne“ gefordert, 5.5. 2009

Jetzt ist klar, was Mitteschön will: Eine originalgetreue Rekonstruktion der Innenstadt, wie sie bis 1945 existierte. Mitteschön kritisiert gleich drei Projekte - bei einem ist noch nicht einmal die Gestaltung klar. Glas ist nicht nur kalt und hart, es ist auch transparent. Gerade für ein neues zentrales Museum, wie im Alten Rathaus, ist eine solche Gestaltung von Offenheit auch bewusster Gegensatz zur historisierenden Fassade.

Unverständlich sind auch die Äußerungen zur Synagoge. Warum soll sie geschmückt werden? Das Umfeld besteht aus Bauten mit viel Schmuck. Und es ist richtig, dass der geplante Neubau wie ein Fremdkörper wirken kann. Die Synagoge muss auffallen, sie muss sichtbar und klar erkennbar sein. Es ist der erste Synagogenbau in Brandenburg seit Jahrzehnten, der muss ein Zeichen für eine selbstbewusste, also auch sichtbare Gemeinde sein. Auch aus der Verantwortung zur Geschichte heraus muss die neue Synagoge mit einem Bruch der umgebenden Architektur auffallen. Eine Verwendung von ungewohnten Materialien oder klaren Strukturen kann dem nur dienen. Ich kann nur hoffen, dass sich sowohl der Bauverein, als auch die Gemeinde, Stadt und Land in diesem Fall von dem gelungenen Entwurf durch die Initiative nicht abringen lassen.

Noch eine Anmerkung zu Frau Kuster: Ihr fast schon fundamentalistischer Kampf für einen architektonischen Rückschritt macht mich nicht glücklich. Warum diese Angst vor neuen Formen? Was Potsdam braucht ist keine „Potsmoderne“, sondern eine Architektur, die mutig mit dem Umfeld umgeht. Das findet man in Potsdam zu wenig. Dafür sollte sich die Initiative „Mitteschön“ einsetzen. Ansonsten haben wir nur noch ein Museum.

Burghard Mannhöfer, Potsdam

Entscheidend, was Jüdische Gemeinde will

Die unzweifelhaft verdienstvolle Bürgerinitiative Mitteschön tut sich keinen Gefallen damit, die Diskussionen um den Neubau auf der Stelle des „Hauses des Reisens“ und um das Alte Rathaus mit dem Entwurf zur neuen Synagoge zu vermischen. Der Entwurf des Synagogenneubaus ist Ergebnis eines Wettbewerbes. Entscheidend muss sein, was die Jüdische Gemeinde von dem Siegerentwurf hält. Was aber das Wichtigste ist: Der erste Neubau einer Synagoge in Brandenburg nach dem Krieg entzieht sich jeglicher Architekturdiskussion, weil hier die politische Dimension - ich meine nicht die der politischen Korrektheit, sondern die des politischen Anstands - eine höhere Relevanz hat als kleinkrämerische Fassadendiskussionen um Glindower Ziegel. Die nicht jüdischen Potsdamer haben 1938 und in den fünfziger Jahren nicht verhindert, dass die Synagoge und deren Reste vernichtet wurden. Die nicht jüdischen Potsdamer sollten sich daher auch heute nicht einmischen, wie ein neues Gotteshaus der jüdischen Gemeinde auszusehen hat.

Markus Wicke, Potsdam

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