Lesermeinung: Villa Grenzenlos kein Groschengrab
Zu „Villa Grenzenlos steht zum Verkauf“: Zweigstellen einer Firma, deren Geschäfte nicht optimal laufen, stehen in jeder Branche und zu allen Zeiten zur Disposition und müssen sich darum täglich beweisen – weswegen sie bisweilen wirtschaftlicher arbeiten und aufgestellt sind als so manche Hauptstelle. Warum nicht auch beim „Unternehmen Stadt“?
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Zu „Villa Grenzenlos steht zum Verkauf“: Zweigstellen einer Firma, deren Geschäfte nicht optimal laufen, stehen in jeder Branche und zu allen Zeiten zur Disposition und müssen sich darum täglich beweisen – weswegen sie bisweilen wirtschaftlicher arbeiten und aufgestellt sind als so manche Hauptstelle. Warum nicht auch beim „Unternehmen Stadt“? Die Volkshochschule muss aus nachvollziehbaren Gründen ihre Betriebsergebnisse prüfen und unternehmensähnlich analysieren. Die PNN berichten in ihrer Ausgabe vom 1.10., dass die Mitte der 90er Jahre der VHS angegliederte „Villa Grenzenlos“ die VHS beim materiellen Ergebnis herunterziehe. Wenn es so ist, wäre das von Nachteil. Prüfen wir aus Erfahrung nach. Zunächst darf festgehalten werden, dass die Profilierung des Hauses zur „VHS in Babelsberg“ dem Gesamt-Unternehmen Stadt zum Vorzug gereichte, der sich in einer die Verwaltungsteile abgrenzenden Betrachtung nicht jedem erschließt. Man vergleiche aber die Einnahmen der Villa in 1992 bis 1994 (als Kulturhaus) und z. B. von 1997 bis 1999 (als Stadtteil-VHS); sie betragen ein Mehrfaches. Für den Gewinn in fachlicher, politischer und finanzieller Hinsicht sprechen auch die damaligen Voten in den Ausschüssen für Bildung, Kultur und Finanzen der gewählten Stadtverordneten. Zur Bewertung von VHS-Ergebnissen im Jetzt und Hier gibt es bundesweit eingeführte Maßstäbe. Sie erleichtern die Analyse. Maßstab Nr. 1 bildet das Ergebnis, im Verlauf eines Jahres die Unterrichtshonorare durch die Teilnehmerentgelte aufzubringen. Die VHS in Brandenburg verzeichnen hier zumeist eine 1:1 Situation: Die Teilnehmerbeiträge erlauben die volle Dozentenhonorierung ohne Zuschuss der Stadt. Die VHS Potsdam erreicht einen Spitzenwert von fast 2:1: Die Teilnehmereinnahmen betragen das Doppelte der Honorare (und decken damit weitere Ausgaben ohne Zuschuss der Stadt). Die Villa erzielt in puncto „Honorarkostendeckung" einen Wert von über 200 Prozent, wer zieht hier die VHS herunter? Maßstab Nr. 2 bildet das Verhältnis von TN-Gebühren und weiteren Einnahmen, z. B. aus Projekt- und Drittmitteln oder zweckgebundenen Spenden. Im Land Brandenburg liegt der „Akquisefaktor“, um den die Entgelteinnahmen verlängert werden, bei rund 25 bis 30 Prozent im Plus; die VHS Potsdam erreicht hier eine gute Quote von 35 bis 40 Prozent, und die Villa? Sie bringt es auf 80 Prozent und mehr. Was ist daran nachteilig für das Gesamtergebnis der VHS? Leistungs-Maßstab Nr. 3 bildet die Relation innerhalb der fixen Kosten, so die betrieblichen Verwaltungsausgaben im Verhältnis zu den Personalausgaben. Die VHS benötigt rund ein Fünftel der Personalausgaben für ihre Nebenkosten, die Villa sogar weniger als 20 Prozent. Leistungsmaß Nr. 4 bildet der Schlüssel aus Beschäftigtenzahl und Teilnehmerfrequenz.Auch hier nehmen sich VHS und Villa nichts und liegen gleich auf. Dabei weiß sich die Villa Grenzenlos über ihre Stadtteil-Funktion hinaus einer besonderen Zielsetzung verpflichtet, der Integration von Zuwanderern, die nicht sofort über ein reguläres Einkommen verfügen. Dennoch weist sie bei ihren betrieblichen Kennzahlen keine signifikant anderen Ergebnisse aus als der Hauptbetrieb der VHS, jedenfalls keine unbedingt schlechteren. Allerdings befindet sich das VHS-Zentrum durch seine innerstädtische Lage wie durch das breite Profil für überwiegend Berufstätige in einer günstigeren Ausgangsposition. Der Beigeordneten für Bildung, Kultur und Sport, Gabriele Fischer, lässt sich also nur zustimmen, gegen den Verkauf der Villa zu plädieren; denn unterm Strich der betrieblichen Betrachtungen und Vergleiche bliebe lediglich ein „Immobiliengeschäft“ übrig und die Entkleidung der Stadt von erworbenem Vermögen. Es gibt bessere Wege, den Haushalt zu sanieren, als den, bekannte Orte, die den Ruf der Stadt über ihre Grenze hinaus tragen, zu schließen. Zumal die Stadt wie alle Kommunen mit latenter Haushaltsschwäche kein dauerhaftes „Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem“ hat. Probleme löst man für gewöhnlich nicht durch Attacken an der entgegen gesetzten Stelle. Gerhard Meck, Berlin
Gerhard Meck, Berlin
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