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Lesermeinung: „Wir wären nicht hierher gezogen, wenn uns das bekannt gewesen wäre“

Lärmschutz vor Wirtschaftlichkeit!Auch wir sind erst 2004 in die Region Teltow gezogen.

Stand:

Lärmschutz vor Wirtschaftlichkeit!

Auch wir sind erst 2004 in die Region Teltow gezogen. Wesentlicher Beweggrund war der Wunsch nach mehr Ruhe, Grün und einer damit verbunden höheren Lebensqualität. Zu jedem Zeitpunkt haben wir uns im Vorfeld dieser Lebensentscheidung über drohende Lärm- und Kerosinbelastungen durch den geplanten Flughafen BBI sachkundig gemacht – sei es durch das Studium geplanter Flugrouten oder durch konkrete Hörbeispiele am Flughafen Schönefeld, hinsichtlich der Lärmbelastung. Unsere Entscheidung haben wir ganz bewusst von der Erkenntnis abhängig gemacht, dass es keine nennenswerte Belastungen geben wird. Empört stellen wir nun fest, dass die neuen Flugrouten in einer Höhe von zirka 1500 bis 2000 Meter und in einer erheblichen Frequenz (zweistellige Zahl an Abflügen je Stunde bei Westwindwetterlagen) auch über Stahnsdorf führen sollen. Natürlich wären wir nicht hierher gezogen, wenn uns dies damals bekannt gewesen wäre.

Empört sind wir vor allem, weil die Behörden und die Vertreter der Länder Brandenburg und Berlin sowie der BBI selbst seit 1998 von der Notwendigkeit veränderter Flugrouten bei unabhängigem Parallelbetrieb der Startbahnen wussten. Es macht sich das Gefühl breit, getäuscht worden zu sein. Geradezu unerträglich ist die Tatsache, dass sich Staatssekretär Bretschneider auf vermeintlich „wasserdichte“ Rechtsgrundlagen beruft, stereotyp auf autonome und durch die Landesregierungen kaum beeinflussbare Entscheidungsketten (Deutsche Flugsicherung, Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, Rechtsverordnung) verweist und die eigene Verantwortung außer Acht lässt.

Um es noch einmal klar zu sagen: Die Notwendigkeit veränderter Flugrouten ergibt sich erst aufgrund des von den Eigentümern des BBI, also vor allem den Ländern Brandenburg und Berlin, aus rein wirtschaftlichen Gründen geforderten unabhängigen Parallelbetriebs beider Startbahnen. Der darin zum Ausdruck kommende Grundkonflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und Schutz der Anrainer ist in der politischen Fehlentscheidung hinsichtlich des Standorts Schönefeld angelegt. Auch diese wurde vor allem durch die Länder Brandenburg und Berlin getroffen, obwohl eine Vielzahl von Standorten (vor allem Sperenberg) diesen Konflikt viel besser zum Ausgleich gebracht hätte.

Die Standortentscheidung lässt sich nicht mehr korrigieren. Wir appellieren als betroffene Bürger jedoch an die politischen Vertreter alles zu unternehmen, um klar zugunsten des Vertrauens- und Anrainerschutzes zu entscheiden. Hinsichtlich der Region Teltow heißt dies, dass kürzere Flugrouten hinter Lärmschutz zurücktreten müssen. Die politischen Vertreter im Aufsichtsrat des BBI haben hierzu die erforderliche Gestaltungsmacht.

Wir hoffen, dass mit der derzeit geplanten Änderung der Flugrouten und der flankierenden Gesetzesänderung keine Aufweichung des Nachtflugverbots beabsichtigt ist. Politik sollte sich darüber im Klaren sein, dass die mangelnde Verlässlichkeit und Transparenz politischer Entscheidungen maßgeblich zu immer stärkerer Politikverdrossenheit bis weit in die bürgerlichen Schichten hinein beiträgt und damit letztlich auch das Fundament unseres demokratischen Gemeinwesens erodieren lässt. Vor allem aber sollte Politik endlich zur Kenntnis nehmen, dass sich die Wertvorstellungen breiter Bevölkerungsschichten schon lange verschoben haben. Rein wirtschaftliche Argumente stehen dabei in einer subjektiven Wahrnehmung von Lebensqualität immer seltener im Vordergrund.

Christine u. Carsten Möller, Stahnsdorf

Zu: „Quartett der Bürgermeister ausgeladen“, 23.10.2010

Misst Staatssekretär Bretschneider mit zweierlei Maß? Potsdam hat Sitz und Stimme in der Fluglärmkommission und die Nachbargemeinden werden ausgeladen? Ist Nuthetal weiter entfernt vom Fluglärm als die Waldstadt in Potsdam auf der anderen Seite der Eisenbahnlinie? Oder nimmt Herr Bretschneider nur Kommunen in die Kommission auf, in denen sich bereits Bürgerinitiativen gegründet haben? Wenn Bürgermeister aus Verantwortung für ihren Ort Mitsprache einfordern, werden sie aus fragwürdigen Gründen ausgeladen. Die Begründung, dass nur der Lärm startender Flieger berücksichtigt wird, ist ganz offensichtlich eine bewusste Irreführung. Selbst wenn ein Triebwerk im Landeanflug leiser ist, ist in einer Entfernung von nur 1000 Meter vom Erdboden der Lärmpegel für die Betroffenen höher als bei bei 2000 Meter Abflughöhe. Das alles von einem Staatssekretär, der bereits seit Ende 1998 als fachlich zuständiger Abteilungsleiter darüber informiert war, dass eine hohe Lärmbelastung durch den Flugverkehr mehr Gemeinden erreichen wird, als damals öffentlich genannt. Sollte Herr Bretschneider nicht verstanden haben, das eine frühzeitige sachliche Kommunikation mit Bürgern und Bürgermeistern die Basis jeder Demokratie ist?

E. Schmidt, Nuthetal

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