Meinung: Limburger Wirren
Für Rom ist es nicht mehr selbstverständlich, einen Bischof zu schützen
Stand:
Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sich in Rom gut verteidigt, und die Medien in Deutschland haben ihm dabei geholfen. Das klingt verwunderlich, folgt zunächst aber einem alten katholischen Verhaltensmuster: Je heftiger „die Welt“ auf einen geistlichen Amtsträger einprügelt, desto tiefer birgt ihn Mutter Kirche in ihrem Schoß. Da wird auch nicht nur der Attackierte geschützt – nach dem Grundsatz des gemeinen Strafrechts: „Im Zweifel für den Angeklagten“ –, da schließt die Organisation als Ganze ihre Reihen.
In den Pädophilie-Skandalen der vergangenen Jahre hat diese Haltung zur gemeinschaftlichen Vertuschung „abscheulicher Verbrechen“ (Benedikt XVI.) geführt. Im Fall Limburg hat der Vatikan zu einer vernünftigen, menschlichen und letztlich offenen Entscheidung gefunden. Denn eins steht fest: Was immer Tebartz-van Elst vorgeworfen wird, geklärt ist das alles noch nicht. Auch ein möglicherweise schräger Bischof hat das Recht auf einen fairen Prozess.
Und diesen hat der Vatikan im Sinn, wenn er nun feststellt, es sei eine „Vergewisserung über die Verantwortlichkeiten“ beim teuren Bau der Limburger Residenz vonnöten. Die Prüfung läuft; sie kann so oder so ausgehen. Nirgendwo behauptet der Vatikan die Unschuld des Angeklagten. Aber er schließt sich auch nicht dem medial dirigierten Chor derjenigen an – auch jener Amtsbrüder in Deutschland –, die Tebartz-van Elst bereits jetzt verurteilt haben.
Gemessen an der Rundum-sorglos-Versicherung allerdings, die Mutter Kirche ihren Würdenträgern zu lange gewährt hat, liest sich die vatikanische Erklärung zum Limburger Bischof nachgerade kühl. Verteidigt wird da nicht mehr. Die Formulierung, man habe Tebartz-van Elst eine Auszeit „gewährt“, lässt durchaus vermuten, dass Forderungen nach einem Rücktritt im Raum gestanden hatten, die der Bischof in harten Kompromissverhandlungen gerade noch so in eine Auszeit abbiegen konnte. Denn dass der Vatikan über die Limburger Vorgänge Bescheid weiß, steht außer Frage, und das römische Naserümpfen war schon im September spürbar, als der Papst den früheren Botschafter in Berlin, Giovanni Lajolo, zu einem „brüderlichen Besuch“ in die Domstadt schickte.
Man mag es kritisieren, dass nun ausgerechnet ein Mann die Diözese „verwalten“ soll, den Tebartz-van Elst persönlich ausgesucht hat und der als Generalvikar laut Kirchenrecht „niemals gegen den Willen und die Absicht des Diözesanbischofs handeln darf“. Aber Tebartz-van Elst ist gut beraten, sich nicht ins Verfahren einzumischen oder die Gewässer mit öffentlichen Äußerungen zu trüben.
An Gutem haben die Limburger Wirren, wie immer sie ausgehen, schon einiges gebracht. Nicht nur dass der Vatikan die Tür zu unvoreingenommenen Prüfungen geöffnet hat. Geöffnet haben sich auch die Bistümer in Deutschland, indem sie bisher ungeahnte Einblicke in ihr Vermögen zulassen. Es ist ja keine Schande, Geld zu haben. Aber es stammt von den Gläubigen; sie haben ein Recht zu erfahren, was damit angestellt wird.
Von einer Mitbestimmung in finanziellen Dingen, wie es sie nur in einzelnen Diözesen und nur für den laufenden Haushalt gibt, ist die katholische Kirche zwar immer noch weit entfernt. Aber es ist kein verderblicher Einfluss irdischer Demokratie, darüber nachzudenken.
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