Treberhilfe: Mitgefühl im Maserati
Fall Treberhilfe: Sozialarbeit will profitabel sein, ist aber nicht mal übersichtlich finanziert.
So stellt man sich als Sozialarbeiter wohl einen erfolgreichen Unternehmer vor: elegant angezogen, selbstbewusst bis unter die Hutkrempe und rasant im Abgang, angetrieben von einem 400 PS starken Achtzylinder des Dienst-Maseratis. Harald Ehlert war mal Sozialarbeiter – heute nennt er sich „evangelischer Sozialkapitalist“ und hat die Berliner „Treberhilfe“ zum Unternehmen gemacht. Dass er einen Maserati mit Chauffeur benutzt, hat ihn vermutlich bei manchem braven Spender in Verruf gebracht.
Dabei ist das Auto nicht mal neu: Vor zwei Jahren posierte der Mann, der gelernt hat, wie man Hilflosen hilft, mit dem eleganten Wagen. Damals war ein Porträt Ehlerts in dieser Zeitung überschrieben mit „Hol schon mal den Maserati“ – niemand regte sich öffentlich auf. Jetzt erklärt eine Sprecherin des Diakonischen Werks, dessen Mitglied die Treberhilfe ist, ein Maserati sei ethisch unpassend. Recht hat sie, recht hätte sie schon 2008 gehabt – und doch muss man dem Autofan Ehlert dankbar sein. Sein Maserati-Tick macht nachdenklich: Man kommt ins Grübeln über Sozialarbeit.
Die Branche ist heute vor allem unter Mehrwert-Gesichtspunkten interessant. Ein paar Tage ist es her, dass die Treberhilfe bei einer Veranstaltung ihre Profitabilität darstellte. „Social Profit“ lässt sich errechnen. Für jeden öffentlichen Euro fließen 1,15 Euro zurück, heißt es bei der Hilfsorganisation. Sozialarbeit ist eine Dienstleistung, die sich rechnet – das hat sich die Treberhilfe von einer Unternehmensberatung attestieren lassen. Beides – die verzögerte Aufregung über Ehlerts schnelles Geschäftsauto wie das profitable Unternehmen Treberhilfe gehören zu einem Sozialstaat, dessen Bürger mit üppigen Steuern und großherzigen Spenden alles fremde Menschen- Elend von sich fernhalten. Im Sozialstaat Bundesrepublik ist für jeden gesorgt – und zwar so gut, dass man noch mit gesellschaftlichen Komplettversagern (um die sich die Treberhilfe kümmert) gutes Geld verdienen kann.
Das Sorgendelegierungssystem ist aber noch nicht perfekt. Der Streit zwischen der „Emma“-Chefin Alice Schwarzer und dem Verein „Hatun und Can“ zeigt, dass lauter Wohlmeinende heftig aneinandergeraten können, wenn es um viel Geld geht. Schwarzer hatte der Organisation, die Frauen in Not helfen will, eine halbe Million Euro zukommen lassen. Was die Kleinorganisation mit dem Geld machte, konnte die Publizistin nicht erfahren – und schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Die Spende ist angeblich auf einem Tagesgeldkonto angelegt.
Ehlerts Profitunternehmen Treberhilfe und der plötzlich wohlhabende Frauenhilfsverein provozieren mit ihrem Finanzgebaren jenseits moralischer Empörung dieselbe Frage: Wie können Spender sicher sein, dass ihre Spende korrekt eingesetzt wird? Die Antwort heißt: Transparenz und Übersichtlichkeit bei Einnahmen und Ausgaben. Da kann das Spendensiegel helfen. Da könnte die Politik der Verwaltung auf die Sprünge helfen. Noch ist der Fluss der Steuergelder im Sozialbetrieb nur für ein paar Experten nachvollziehbar.