... klappt und keiner weiß, warum.“
Ein Sturm im Wasserglas ist für einen Protokollchef schlimm genug. Nur gab es überhaupt kein Wasserglas am Rednerpult, als Kanzler Schröder am Mittwoch beim Staatsbankett für den US-Präsidenten George W. Bush im Mainzer Schloss seine Tischrede hielt und im Manuskript zur Passage „Lassen Sie mich mein Glas erheben …“ kam. Gerhard Schröder versuchte die Situation mit einem Witz zu retten: Den Deutschen sei ja bekannt, dass er selber lieber Koch als Kellner geworden wäre. Das half aber wenig, zumal auch die Gäste die Lage nicht mit ostentativem Anstoßen bereinigen konnten. Sie hatten zwar Gläser, nur nichts darin.
Für Bernhard von der Planitz, „ChefProt“, wie sie ihn im Auswärtigen Amt nennen, ist das ein Super-GAU, verstößt es doch gegen Paragraf 1 jedes Protokolls dieser Welt: Nur ein geräuschloses Protokoll ist ein gutes Protokoll.
Woran lag’s? Dass Schröder nicht am Tisch, sondern am Pult sprach? Jedenfalls an mangelnder Abstimmung zwischen Redeschreibern und Protokoll. Angestoßen wird laut deutschem Protokoll grundsätzlich zu Tisch, zudem ist der Toast dort nicht vorgesehen. Der Groll aber landet immer beim obersten Protokollbeamten. Von der Planitz ist auf diesem Posten ein Wiederholungstäter. Schon von 1996 bis 2000 machte er den Job, der in seinen Worten vor allem „exakte Organisation und hartes Management“ bedeutet. Seit 1970 im Außenministerium, arbeitete er in Rom, Algier, Tel Aviv, Washington Helsinki, New York und im Bundespräsidialamt.
Bis heute kämpft der stets höflich auftretende Adlige gegen den verbreiteten Irrglauben, das Protokoll befasse sich mit Benimmfragen und Etikette. Fragen solcher Art delegiert er an „die örtliche Tanzschule“. Was der gebürtige Berliner, der am Samstag 64 Jahre alt wird, stattdessen macht, ist Veranstaltungsmanagement: Vorbereitung von Auslandsreisen des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und des Außenministers und die genaue Bestimmung des Programms mit all seinen Fallstricken wie „Teilnehmerformeln“ (wer ist bei welchem Gespräch dabei) und „Fahrzeugkolonnen“ (wer fährt vorne, wer am Schluss und riskiert, den Anschluss zu verlieren).
Eine zutreffende Beschreibung lieferte Bundespräsident Johannes Rau auf einer Auslandsreise in Südamerika. Dem chilenischen Präsidenten erklärte er den Unterschied zwischen einem Terroristen und dem Protokoll so: „Mit dem Terroristen kann man wenigstens verhandeln.“