PORTRÄT TEGEL BERLINER FLUGHAFEN:: „Schließt mich endlich – ich bin ein Star“
Der Flughafen Tegel ist das iPhone unter den Flughäfen: Ein Ort, der klüger gestaltet ist als all die anderen, der sich dem Benutzer intuitiv erschließt. Man steigt vor dem Gate aus, von dem man abfliegt – und das sind 30 Meter.
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Der Flughafen Tegel ist das iPhone unter den Flughäfen: Ein Ort, der klüger gestaltet ist als all die anderen, der sich dem Benutzer intuitiv erschließt. Man steigt vor dem Gate aus, von dem man abfliegt – und das sind 30 Meter. Kein Wunder, dass Tegels Architekt Meinhard von Gerkan damals dachte, er hätte ein Vorbild für alle zukünftigen Flughäfen weltweit geschaffen. Ein Flughafen der kurzen Wege.
Es ist anders gekommen, so anders, dass nun Tegel selbst geschlossen wird. All die Argumente sind ausgetauscht – und die meisten sind mit der Zeit nicht besser geworden. Der Lärm, zum Beispiel, oder auch die Gefahr, die von fliegenden Flugzeugen ausgeht, das ist die resignierte Erkenntnis dieser Woche, verschwindet nicht, sondern trifft in Zukunft einfach andere Anwohner. Auch die Reinickendorfer Piraten, die noch „offen für den Erhalt des Flughafens Tegel“ kämpfen wollen, werden sein Ende nicht verhindern.
Schönefeld kommt, und diese unsentimentale Stadt, die auch die Kroll-Oper längst vergessen hat, wird nicht mehr an den Flughafen mit seinem sechseckigen Hauptterminal denken. Der Schmerz, das wusste Klaus Wowereit schon bei Tempelhof ganz genau, wird spätestens bei der Eröffnung des Flughafens Schönefeld vorüber sein. Hauptsache, es gibt Chinapfanne.
1974 wurde Tegel eröffnet, und in dem Bau von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickel hätte Stanley Kubrick leicht „Clockwork Orange“ drehen können: Roh und rot und gelb und trapezförmige Fliesen, die es längst nicht mehr gibt und über die der Kofferwagen so laut schepperte. Diesen Flughafen gibt es nicht mehr, die ständigen Schönheitsoperationen haben ihn völlig entstellt. Geblieben sind die kurzen Wege.
In Schönefeld erwartet den Reisenden der moderne Flughafen- ballast: schleppen, shoppen, Schlange stehen. Es wird sein wie überall. Nur das Puristische von Tegel hatte das Versprechen einzulösen vermocht, um das es beim Fliegen geht, die Freiheit. Damit ist jetzt Schluss, im neuen Flughafen geben die Konsumschleusen und die Sicherheitszwänge den Weg vor. „Mir bleibt ja nichts anderes übrig. Ich muss mich schließlich nach den Wünschen des Bauherren richten.“ Sagt Schönefelds Architekt – Meinhard von Gerkan. Damals, bei Tegel, musste er den Bauherren solche Wünsche noch nicht erfüllen. Und so passt es gut in die Zeit, dass der wunderbare Flughafen Tegel außer Betrieb genommen wird. Moritz Schuller
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