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Porträt Herr Mustermann: „Schon GEZahlt? Danke“

Wem wird immer die Tür vor der Nase zugeschlagen? Wer ist fast noch gefürchteter als der Zahnarzt? Richtig, der nette Herr von der GEZ, der an der Tür läutet.

Auf der Skala der zehn beliebtesten Berufe wird dieser Job niemals auftauchen. Eher unten, bei den Politessen, Türstehern und Politikern. Dabei ist der Titel seriös: „Rundfunkgebührenbeauftragter“. Das sind Menschen, die laut Gebühreneinzugszentrale „für die Einhaltung der gebührenrechtlichen Vorschriften sorgen“. Klingt nach drögem Verwaltungsjob, in der Realität ist der GEZler eine multiple Persönlichkeit zwischen eisenhartem Fahnder und charmantem Rosenverkäufer. Denn mit der Gebührenpflicht nehmen es nicht alle Seher und Hörer von Rundfunk in Deutschland ganz genau. Berlin darf als Kapitale der Gebührenpreller gelten. Mehr als 16 Prozent der Haushalte bezahlen nicht die Monatsgebühren von 17,03 Euro, in Friedrichshain-Kreuzberg tun es rund 35000 Haushalte nicht.

Ein klarer Fall für den Gebührenbeauftragten. Er muss eben herausfinden, ob in den Zehntausenden von Haushalten ohne Gebührenüberweisung nur Schnorrer leben oder tatsächlich tapfere Rundfunkverweigerer. Der GEZler ist ein Einzelkämpfer für ein bestimmtes Suchgebiet. Vom jeweiligen Sender bekommt er Daten darüber, welcher Haushalt zahlt, welcher nicht. Dann fängt die Arbeit an. Laut einer Antwort der Senatskanzlei auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Gabriele Hiller arbeiteten im Jahr 2006 ganze 72 Rundfunkbeauftragte im Auftrag des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Offensichtlich ein Job mit Potenzial, denn 2004 waren es 60 Beauftragte. Geld verdient der GEZler nur auf Provisionsbasis, es wird kein Fixum und kein Basisentgelt bezahlt. Erst dann, wenn der „ermittelte Rundfunkteilnehmer“ (vulgo Schwarzseher) seine Gebühren vollständig (nach-)gezahlt hat, fließt die Provision. 2006 musste der RBB insgesamt 2,3 Millionen Euro an Provisionen aufbringen, das sind umgelegt rund 31000 Euro pro GEZler und Jahr. 2004 waren das noch über 60000 Euro pro Kopf. Ein dramatischer Einkommensverlust.

Und dann ist der GEZler auch selbstständig, es gibt keine Aufwandsentschädigung oder dergleichen. Er muss eine überaus robuste Nehmernatur sein, auf seine Hausbesuche hat sich noch keiner gefreut. Sein Lockruf „Schon GEZahlt? Danke“ verfängt nicht. Schauermärchen über seine Aufdringlichkeit machen die Runde. Dabei ist er laut Ethikrichtlinie der GEZ gesetzestreu, er hat einen fälschungssicheren Ausweis, er verachtet Korruption, ist integer, dialogorientiert, sein Tun zeichnet sich durch „gelebte Verantwortung“ aus. Kurz: Der brave GEZler ist all das, was der böse Schwarzseher nicht ist. Drohen, drücken, das machen andere Vertretertypen. Aber Anerkennung, die kennt er nicht. Der Rundfunkgebührenbeauftragte führt eine Schattenexistenz.

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