Von Peter Tiede: Start ins Vage
In Brandenburg haben sich SPD und Linke geeinigt. Die Frage ist: Worauf eigentlich?
Stand:
SPD und Linke sind sich einig in Brandenburg, haben ihren – bis in die tiefe Nacht geheim gehaltenen – Koalitionsvertrag fertig und sich auf die Verteilung der Ressorts geeinigt. Dabei kann man sich auf den ersten Blick fragen, wer die Landtagswahl am 27. September eigentlich gewonnen hat: Denn immerhin bekommt der Juniorpartner, die Linke, schwergewichtige Ressorts: An die Ex-DDR-Staatspartei gehen 20 Jahre nach der Wende Finanzen, Wirtschaft und Justiz sowie Verbraucherschutz/Umwelt.
Schon auf den zweiten Blick zeigt sich aber, dass sich die Linke – bei allem Prestige – die großen Problemfelder hat aufbürden lassen – ohne, dass dafür auch tatsächlich Lösungen gefunden wurden.
Im Justizressort wird die Linke sich von einer zentralen Wahlkampfforderung verabschieden müssen: dem Stopp der Amtsgerichtsreform. Denn die steht nach den Worten von Regierungschef Matthias Platzeck nicht zur Disposition. Also wird die Linke nun die sechs Amtsgerichte schließen dürfen, für deren Erhalt sie bisher immer gekämpft hat.
Auch in den Bereichen Wirtschaft und Umwelt / Verbraucherschutz hat die Linke sich den Abschied von eigenen Forderungen geangelt: Diese beiden Ressorts sind zuständig für die Energiepolitik. Das Wirtschaftsressort ist dabei federführend in der Braunkohle- und damit in der Tagebaupolitik. Dem Ministerium angegliedert ist das Landesbergamt. Und diese Behörde muss in dieser Legislaturperiode sämtliche Vor- und Begleitplanungen für neue Tagebaue und damit für die von den Linken noch vor wenigen Wochen bekämpfte Abbaggerung von Lausitz-Dörfern durchführen und erste Genehmigungen erteilen.
Zudem ist das Umweltressort vom Agrarbereich getrennt worden, der dem Infrastrukturministerium angegliedert wird. Doch weite Teile des Umweltbereichs werden über die Agrartöpfe der EU und des Bundes finanziert. Über diese Töpfe bestimmt künftig aber der Infrastrukturminister der SPD.
Besonders aber im Finanzressort wird die Linke zu ackern haben: In den kommenden Jahren werden neue Etatlöcher aufreißen und alte, nur notdürftig verkleisterte, wieder entdeckt werden. Und zum Ende der Legislatur muss ein Etat mit Schuldenbremse stehen. Die Linke wird also federführend eine rigide Sparpolitik entwerfen und verantworten müssen. Die SPD ist aus der Ressortverantwortung und hat mit der Linken im Koalitionsvertrag die zentrale Zukunftsfrage, nämlich die Haushaltspolitik, nicht geklärt. Gleiches gilt für die Personalplanung: Ja, der Stellenabbau von heute 52 000 auf 40 000 Landesdiener im Jahr 2019 soll ohne betriebsbedingte Kündigungen geschehen, 2250 neue Lehrer und Erzieher sollen eingestellt werden. Nur: Von Kündigungen war auch nie die Rede. Die Frage in Brandenburg ist: Wo werden Stellen außer eben im Bildungsbereich noch neubesetzt? Zudem: die Koalitionäre gehen davon aus, dass man durch Fluktuation auf 37 000 Stellen kommen könnte, also statistisch 3000 Stellen neu besetzen könnte. Doch schon lange ist bekannt, dass bei diesem Wert a) von einer Fluktuations-/Kündigungsrate ausgegangen wird, die Brandenburg bis heute nie erreicht hat und b) die Rente mit 67 nicht eingerechnet ist.
Bleibt festzustellen: Im Ringen mit der Linken hat die SPD, die sich in dem Koalitionsvertrag in allen wesentlichen Punkten durchgesetzt hat, klar gewonnen. Die Linke wird enorme Probleme haben, ihre Klientel zufrieden zu stellen. Nur: Was Brandenburg davon hat, das steht in dem Vertrag leider nicht.
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