Kurt Becks Rücktritt: Trocken im Abgang
Nun geht er also, der dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands. Kurt Beck, das SPD-Urgestein aus der Pfalz, wollte am Freitagabend seinen Plan für seine Nachfolge als Ministerpräsident und Landesparteichef vorlegen.
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Nun geht er also, der dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands. Kurt Beck, das SPD-Urgestein aus der Pfalz, wollte am Freitagabend seinen Plan für seine Nachfolge als Ministerpräsident und Landesparteichef vorlegen. Mehrfach schon war sein Rückzug erwartet worden, mehrfach hat er, verärgert, wieder anders entschieden. Er hat einen sehr eigenen Kopf.
So fern ihm oft die Attitüde vieler in der Bundespartei war, auch, als er selbst an deren Spitze stand, die Sozialdemokratie ist seins, durch und durch. Daheim in seiner SPD kennt er sich bestens aus, seit Jahren hat er ein waches Auge auf mögliche Nachfolger wie kaum ein anderer. Sein Abgangsszenario im Windschatten der SPD-Kanzlerkandidatur ist letzten Endes auch ein Dienst an der Partei – egal, wie die Begründung lautet. Becks Nürburgring-Desaster und der bevorstehende Prozess um die Pleite werden viel Kraft kosten und seine Reputation weiter beschädigen. Geht Beck jetzt, haben seine Nachfolger die Möglichkeit, sich bis zu den Wahlen 2016 eine ordentliche Startposition zu erarbeiten.
Auch die Herren Roger Lewentz und Hendrik Hering, beide länger als mögliche Nachfolger gehandelt, treten zur Seite, selbst wenn Innenminister Lewentz, der bestens vernetzt ist, den Parteivorsitz übernehmen soll. Beide gelten dann doch als recht nah am ehemaligen Prestigeprojekt in der Eiffel. Von dieser Warte aus gesehen war Becks Hinauszögern seines Abgangs für die SPD und ihre politische Zukunft in Rheinland-Pfalz womöglich besser, als führte einer von ihnen jetzt schon die Regierungsgeschäfte in Mainz.
Marie-Luise, kurz Malu, Dreyer zur neuen Ministerpräsidentin zu machen, scheint ein kluger Schachzug. Kurt Beck hat sie erst in jüngerer Zeit näher in den Fokus gerückt. Die 51-Jährige behauptet sich in seinem Kabinett bereits seit zehn Jahren in einem schwierigen Ressort, hat sich über die eigene Partei hinaus Ansehen verschafft, nicht nur beim aktuellen Koalitionspartner, den Grünen. Und: Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit sind Kernthemen der SPD, aber recht weit entfernt von großen Infrastrukturprojekten à la Nürburgring. Mit ihr würden die Sozialdemokraten für die Menschen und ihr tägliches Leben wichtige Felder besetzen.
Malu Dreyer ist eine Kämpferin. Sie redet seit Jahren offen über ihre Krankheit – sie hat Multiple Sklerose – und geht ebenso offen mit den Schwierigkeiten um, die sie zum Beispiel mit dem Laufen hat. Sie heischt nicht nach Mitleid, sie arbeitet leidenschaftlich als Ministerin. Das hat Vorbildcharakter.
Schon einmal hat Malu Dreyer den höchsten CDU-Landeskonkurrenten bei einer Wahl aus dem Rennen geworfen, 2006 setzte sie sich gegen den rheinland-pfälzischen Parteichef der Christdemokraten Christoph Böhr durch. Die amtierende Konkurrentin Julia Klöckner ist ein anderes Kaliber als der blasse Böhr, sie hat außerdem Erfahrung auch im Bund gesammelt. Doch auch Julia Klöckner dürfte es gegen Dreyer schwerer haben als gegen Beck, den sie in jüngster Zeit immer kräftig angegangen ist.
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