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Meinung: Voll versorgt

System Stolpe: Affäre um Trennungsgelder in der Mark

Der Chef des Verfassungsgerichts ist zurückgetreten, der Präsident des Oberverwaltungsgerichts soll suspendiert werden, der Generalstaatsanwalt angeschlagen – und die Brandenburger Landesregierung steht im Zwielicht. Eine Affäre ist zum Skandal geworden. Die Summen der zu Unrecht gezahlten Trennungsgelder sind teilweise gering; mancher, der korrekte Angaben machte, und trotzdem zu viel Geld bekam, sieht sich einem schlimmen Verdacht ausgesetzt. Nun ist der moralische Schaden für die politische Kultur riesengroß, weil die Landesregierung viel zu spät mit der Überprüfung aller Ministerien beginnt – und des Systems, das einen Missbrauch erst möglich machte.

Hatte da niemand ein Unrechtsbewusstsein, fragt sich das Land. Über die großzügige Regelung für die Beamten können zehntausende Pendler nur den Kopf schütteln. Der Skandal verstärkt die Politikverdrossenheit, bedient alle Vorurteile gegen „die da oben“ und reißt alte Gräben zwischen Ost und West wieder auf. Dabei kassierten nicht nur „Wessis“, die nach der Wende kamen, um demokratische Verwaltungen aufzubauen; großzügig gezahlt wurde selbst dann, wenn der Anspruch erkennbar unberechtigt war.

Möglich wurde die Affäre erst durch das System Stolpe mit seiner sozialdemokratischen Vollversorgungsmentalität. Die meisten Zahlungen fallen in die Zeit der absoluten SPD-Mehrheit in Potsdam. Er sei auf ein Anspruchsverhalten gestoßen, bei dem ihm die Spucke weggeblieben sei, sagt Ministerpräsident Matthias Platzeck nun. Welch trostloses Erbe: Erst muss er die gescheiterten Großprojekte seines Vorgängers verantworten und jetzt die Trennungsgelder.

Wer das Beste will für das Land, lässt sich nicht durch die kleinkarierte Bürokratie stoppen. Das war die Stimmung unter Stolpe und der verstorbenen Regine Hildebrandt. Deshalb parkte sie jenseits der Haushaltsordnung übrig gebliebene Millionen, um sie später auszugeben. Strafbar? War doch für einen guten Zweck! Wen wundert es, dass in einem solchen Umfeld alle frühen Warnungen zum Thema Trennungsgelder untergingen. Der Zorn über die angebliche Selbstbedienungsmentalität der Herrschenden wird die kommenden Europa- und Landtagswahlen bestimmen – profitieren wird davon die Partei der Nichtwähler. Beklagen darf sich Platzeck nicht: Wer überzeugen will, muss rechtzeitig aufklären und Versäumnisse eingestehen.

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