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Donald Trump, Microsoft CEO Satya Nadella und Jeff Bezos im Weißen Haus.

© AFP PHOTO / NICHOLAS KAMM

Vorgaben von Jeff Bezos für die „Washington Post“: Was Trump mit uns macht

Auch wenn Elon Musk sich über Bezos Eingriff freut – umgekehrt gilt auch: Jetzt wird der Wert der Meinungsfreiheit allen klar. In den USA und darüber hinaus. Gut so!

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Jetzt auch noch Jeff Bezos, drittreichster Mann der Welt, Besitzer der „Washington Post“. Es ist, als sei er vom Trump-Virus infiziert. Bezos greift ein in die Meinungsfreiheit einer der journalistischen Ikonen der USA, ja der Welt? Und da soll einem nicht angst und bange werden.

Auf der Plattform X also veröffentlicht Bezos einen Ukas an die Redaktion, genauer die Meinungsredaktion. Darin heißt es: „Wir werden jeden Tag schreiben, um zwei Säulen zu unterstützen und zu verteidigen: persönliche Freiheiten und freie Märkte. Natürlich werden wir auch andere Themen behandeln, aber gegensätzliche Standpunkte überlassen wir der Veröffentlichung durch andere.“

Der Aufruhr nicht nur bei der Washington Post ist groß. Bezos kann natürlich einen, seinen verlegerischen Rahmen setzen. Aber hier geht es um einen tiefen Eingriff und um den Ausschluss von Meinungen.

Wenn die Washington Post gebrainwasht wird, wenn sie nicht mehr Speerspitze der investigativen und kritischen Köpfe sein soll, was dann?

Stephan-Andreas Casdorff, Editor-at-Large des Tagesspiegels

Was bricht sich da Bahn? Man darf meinen: Autoritarismus. Und das in der Vormacht der westlichen Welt, der Supermacht der zivilisatorischen Werte. Zu denen Meinungsfreiheit ganz unbedingt gehört. Durch sie, auch durch sie, definiert sich Demokratie.

Bezos, Mark Zuckerberg mit seinem Imperium, Elon Musk mit X – sie klingen alle eher nach Donald Trump als nach den Gründervätern der amerikanischen Verfassung. Wie sagt Bezos: „Ich bin aus Amerika und für Amerika, und ich bin stolz darauf.“ Dass ein großer Teil des amerikanischen Erfolgs „die Freiheit in der Wirtschaft und überall sonst“ ist, wer wollte das bestreiten.

Aber sie ist nicht alles. Wirtschaftliche Macht, politische Macht berichtend und kommentierend zu kontrollieren, ist eine Notwendigkeit jedes demokratischen Gemeinwesens. Sich nicht mit den Mächtigen gemein zu machen, gehört dazu.

Bezos, Zuckerberg und Co. wollen dazugehören. Deshalb waren sie ganz schnell bei Trump in Mar-a-Lago, standen sie hinter ihm bei der Amtseinführung. Sie suchen Nähe und bezahlen dafür.

Und wer deckt dann die Skandale auf?

Vielmehr: Der Staat wird dafür bezahlen. Wenn die Washington Post gebrainwasht wird, wenn sie nicht mehr Speerspitze der investigativen und kritischen Köpfe sein soll, was dann? Dann fehlt eine Institution, die den Watergate-Skandal eines Präsidenten aufdeckt. Was Trump gefallen wird.

Trump zum Gefallen? Aber ja doch. Bezos beruft sich auf Unabhängigkeit – aber er meint nur seine. Die definiert er so: Er sei „sehr optimistisch, dass Präsident Trump es mit dieser Regulierungsagenda ernst meint“. Wenn er helfen könne, dann werde er das tun.

Ein Weg nach äußerst rechts

Helfen, damit es ihm und den anderen Tech-Magnaten leichter gemacht wird, noch mehr Geld zu verdienen – und Trump, in diesem Land die Richtung zu wechseln: nach äußerst rechts.

Sich die demokratische Ordnung zu unterwerfen, es sieht aus, als sei das der Plan. Weg mit dem Staat, jedenfalls möglichst viel davon, Vorrang für den freien Markt. Ein Trump neben dem anderen, die das Gemeinwohl definieren. Das sieht nach Autokratismus aus.

Es geht um ein Grundrecht

Kein Wunder, dass Elon Musk sich freut. Er schrieb – natürlich ebenfalls auf X, seinem Netzwerk: „Bravo, @JeffBezos!“

Man kann es aber auch umdrehen. Bezos hat den Wert der Meinungsfreiheit deutlich gemacht. Sie ist ein Menschenrecht. Deshalb steht sie in Verfassungen als Grundrecht, was verhindert, dass öffentliche Meinungsbildung und die damit verbundene Auseinandersetzung mit Regierung und Gesetzgebern beeinträchtigt werden.

Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit sind eng miteinander verbunden, weil der Zugang zu Informationen erst die kritische Meinungsbildung sichert. Demokratische Kontrolle hängt daran. Was Trump auch selbst zu behindern versucht, indem er umgekehrt kontrolliert, welcher Journalist, welche Journalistin überhaupt noch Zugang zum Weißen Haus haben darf. Der Tagesspiegel ist von diesem Plan auch betroffen.

Darum: „Bravo, @JeffBezos!“ Er hat den USA, ja der Welt die Augen geöffnet, rechtzeitig. Alle können sich jetzt darauf einstellen. Und kritisch darüber berichten. Bangemachen gilt nicht.

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