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Meinung: Was hat die Woche gebracht ...

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...für Unpolitische

Sich für Politik zu interessieren, galt lange Zeit als uncool. Immer die gleichen Politikerfloskeln, immer taktische Spielchen statt Inhalte - spannend ist was anderes. Nach dem 11. September jedoch war schlagartig wieder unverkennbar, dass Politik alle angeht. Wer würde sie vor dem Terror schützen, fragten auch die Unbeteiligten und Unpolitischen, die sich plötzlich vor Osama bin Laden fürchteten. Selbst die sonst so öde Außen- und Entwicklungspolitik galt auf einmal als interessant - weil alles mit allem zusammenhängt und die Konflikte der Welt durch Terroristen vor unsere Haustür getragen werden. Dass Politik nicht nur wichtig, sondern auch spannend sein kann, das zeigte sich im Parlament. Eine starke, unangefochtene Regierung geriet in Not. Ganz plötzlich hätte es vorbei sein können mit Rot-Grün. Und dann das Herzschlagfinale im Bundestag: Besser als ein Thriller.

...für Politiker

Und noch dazu mit Happy End - weil am Ende alle zufrieden sein konnten. Rot-Grün hatte sich zusammengerauft. Auch die Union hatte gut lachen: Trotz verlorener Abstimmung wurden Merz und Merkel in der Fraktion mit Beifall empfangen. Da war Erleichterung zu spüren, dass sich die kopf- und kandidatenlose Union nicht schon jetzt Neuwahlen stellen musste. Die PDS kann sich weiter als einzige Pazifisten-Partei Deutschlands gerieren. Nur die FDP war ein bisschen enttäuscht: Sie wäre so gern an die Macht zurückgekehrt. Dafür durfte Westerwelle mit markigen Worten das baldige Ende der Koalition prophezeien. Und so war am Ende für jeden was dabei. Nur der Anlass des ganzen Manövers schien zur Nebensache geworden zu sein: der Krieg gegen den Terror.

...für Insulaner

Traurige Zeiten für Inselbewohner. Die Touristenzahlen auf den Malediven und den Seychellen sind rückläufig. Kuba und Mallorca wurden von schweren Stürmen gebeutelt. Dann stürzte in New York ein Airbus ab, der zum Inselparadies Santo Domingo unterwegs war. Und jetzt auch noch das: Der Südseestaat Tuvalu ist der Erste, der sich dem Klimawandel geschlagen gibt. Wegen des steigenden Meerespiegels müssen 11 000 Bewohner auswandern. Eine Inselgruppe zieht um - und ihre Bewohner wissen nicht, wo sie Aufnahme finden.

...für Gebirgskrieger

"Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns, vor uns liegen die Mühen der Ebenen", schrieb Brecht nach der Rückkehr aus dem Exil. Im Afghanistan-Krieg ist es umgekehrt: Die Nordallianz nahm, so schien es, fast mühelos eine Stadt nach der anderen ein. Die liegen im Flachland oder in Talkesseln und sind schwer zu verteidigen. Deswegen ziehen sich die Taliban in die Berge zurück: Zwischen Abhängen und Felsspalten lassen sich die Vorteile der Guerillataktik besser ausspielen. Die Amerikaner und die Nordallianz werden sich wohl noch einmal nach den Mühen der Ebenen zurücksehnen ...

...für Frauen

Die Frauen in Afghanistan sind die Gewinner der Woche. Endlich können sie wieder ohne Ganzkörperschleier ausgehen, endlich dürfen sie wieder arbeiten und ihre Töchter zur Schule schicken. Viele jubeln nur vorsichtig oder im Geheimen - weil auch die Männer der Nordallianz muslimische Machos sind. Doch nach den Taliban kann es nur besser werden.

...für Männer

Die Taliban loswerden, dass wollten auch viele Männer in Kabul. Trotzdem wehrten sie sich gegen amerikanische Flugblätter, die die Behandlung der Frauen durch die Gotteskrieger verurteilen: Mancher will sich das, was er Tradition nennt, vom Westen nicht nehmen lassen. Als dann aber zum ersten Mal wieder die Stimme einer Radiomoderatorin via Äther in die Basare, Häuser und Hütten kam, da waren die Afghanen doch baff. Und ein wenig gerührt.

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