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Meinung: Weniger wäre mehr

„Napoleons Hut und Fritzens Mantel“ vom 4. Juni 2006 Symptomatisch für die deutsche Mentalität scheint die nun endlich aus der Taufe gehobene Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums zu sein.

„Napoleons Hut und Fritzens Mantel“

vom 4. Juni 2006

Symptomatisch für die deutsche Mentalität scheint die nun endlich aus der Taufe gehobene Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums zu sein. Mit gut 8000 Objekten auf zwei Etagen, untergliedert in 27 Kapitel, von der keltischen Tonscherbe über den Kult um Karl dem Großen, Preußens Glanz und Glorie, den mechanischen Webstuhl bis hin zur NS-Wochenschau, Mauerbau und Mauerfall und zu guter Letzt Christos Reichstagsverhüllung wird hier deutsche und deutsch-deutsche Geschichte im Verlauf von etwa 2000 Jahren präsentiert. So viel kann und mag man gar nicht schlucken, denn man ist überfrachtet von der Fülle der Details, mit denen dieser historische Schnellgang aufgeladen ist, Details, die näher zu betrachten vielleicht gelohnt hätte. Doch hat der Besucher pro Museum vielleicht maximal zwei Stunden Zeit, will und kann auch gar nicht länger verweilen, denn draußen warten schon die nächsten, die reinwollen. Weniger wäre mehr, eine Beschränkung auf große Kapitel wie Erstes Deutsches Kaiserreich bzw. Heiliges Römisches Reich, Zweites Deutsches Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Deutsche Teilung und Wiedervereinigung sinnvoll gewesen. Doch vor lauter – deutschem – Wald, wie ihn die Großfotografie im Treppenaufgang zeigt, sieht man keine Bäume mehr.

Sollte das DHM auch noch den didaktischen Auftrag haben, den Besuchern ein deutsches Identitätsgefühl zu vermitteln, so ist es ihm sicherlich gelungen: denn brave Biederkeit, Gründlichkeit, Ordnung und Sauberkeit (auch in den Toiletten) bestimmen diese bürokratische Fleißarbeit, mit der zusammengetragen wurde, was das Zeughaus aushielt.

Dr. Angelika Leitzke,

Berlin-Schmargendorf

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