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Meinung: „Wir treten gegen die männliche Dominanz an“

Frauen an der Spitze von Staat oder Partei: Zwar kommt das hier und da mal vor im modernen Europa, womöglich ab Sonntag auch in Deutschland. Für Gudrun Schyman, Politikerin in Schweden, dem Vorzeigestaat der Demokratie, reicht das allein nicht.

Von Caroline Fetscher

Frauen an der Spitze von Staat oder Partei: Zwar kommt das hier und da mal vor im modernen Europa, womöglich ab Sonntag auch in Deutschland. Für Gudrun Schyman, Politikerin in Schweden, dem Vorzeigestaat der Demokratie, reicht das allein nicht. Auch im Westen herrschten „Machtstrukturen wie bei den Taliban“, erklärte die 57-Jährige einmal. Frauen seien überall benachteiligt. Am Sonntag tagte der Gründungskongress der von Schyman ins Leben gerufenen Feministischen Partei in Örebro. Neben Schyman gehören die türkischstämmige Devrim Mavi und die Homosexuellen-Aktivistin Sofia Karlsson zum Führungstrio der Partei. Die will zu den Wahlen 2006 antreten, wo den Kandidatinnen – und Kandidaten! – gut ein Viertel der Stimmen prophezeit wird. Neun Prozent aller Frauen und fünf Prozent der Männer wollen für die Partei stimmen. Karl Erik Norrman, in Deutschland lebender schwedischer Diplomat und politischer Beobachter glaubt: „Schymans Partei beweist, dass in Schweden sogar Männer Feministen sein können – in Deutschland kaum vorstellbar.“

Elegant bis extravagant gekleidet, blond, bebrillt, rhetorisch begabt, keineswegs lesbisch, und ab 1988 politisch herangereift in der Linkspartei, deren Vorsitz sie 1993 übernommen hatte, distanzierte sie sich dort von den Kommunisten. 2003 flog „Gudrun die Rote“ wegen einer Steueraffäre aus dem Amt. Gern lässt die eloquente Politikerin ihre Landsleute – am liebsten in Talkshows – wissen: „Keiner soll glauben, dass wir verkniffene alte Schachteln sind, die Männer hassen, weil uns keiner haben will.“

Geboren am 9. Juli 1948 begann Gudrun Schyman ihre Karriere in den 70er Jahren beim „Marxist-Leninist Kämpforbundet“ – aus Liebe zu einem Mann. In Schweden, wo 76 Prozent aller Frauen arbeiten gehen, fischt Schymans „Feministiskt initiativ“ überall nach Fans. Justizminister Bodström, unter Druck, führte eine Frauenquote von 40 Prozent für Aufsichtsräte ein. Zum Credo von Schymans Frauenpartei gehört die Abschaffung der Ehe, eine Männersteuer als Soli-Beitrag zur Bekämpfung von gegen Gewalt gegen Frauen, flächendeckende Kinderbetreuung, gleiche Löhne, und die Emanzipation unterdrückter Migrantinnen.

Vor sich sieht die Partei eine welthistorische Mission, besonders im Widerstand gegen den Krieg. Der nämlich entsteht, laut Schyman, allein „durch die weltumspannende patriarchalische Herrschaft“.

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