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Kindertagesstätten: Zum Guten erziehen

Eine Kita-Pflicht ist nicht durchsetzbar. Nur wenn Kindertagesstätten selbst zur Vorschuleinrichtung werden, kann der Staat alle Eltern zur Teilnahme zwingen. Dann aber werden umgeschulte Tischler nicht weiterhelfen.

Was ist schlecht daran, wenn in Berliner Kindertagesstätten künftig auch Tischler beschäftigt werden? Mehr Männer, zumal handwerklich erfahren, in einer Einrichtung, die traditionell von Frauen dominiert wird, kann für die Persönlichkeitsentwicklung nicht schlecht sein. Wenn Berlins Landesregierung nun eine Umschulungskampagne startet, offenbart das aber vor allem, dass der Erziehermangel in den Kitas so gravierend ist, dass jede schnelle Lösung recht ist. Das weckt Zweifel, ob die Maßnahme wirklich mehr Qualität in die Kita-Betreuung bringt.

Der rot-rote Senat steckt in der Klemme. Für die Qualitätsoffensive, zu der er erst von einem erfolgreichen Volksbegehren gezwungen wurde, werden nun allein für 2010 etwa 1400 zusätzliche Erzieher benötigt. Gleichzeitig wird das zweite Kita-Jahr für alle Eltern kostenlos; ab 2011 sollen sogar alle drei Kita-Jahre kostenfrei werden. Das kostet noch einmal viel Geld; beide Vorhaben zusammen sind angesichts der steigenden Verschuldung Berlins kaum zu verantworten. Doch von diesem Prestigeprojekt mag sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit nicht verabschieden – auch wenn der Erfolg zweifelhaft ist. Vom kostenfreien Kita-Jahr profitieren weniger die auf Hartz IV angewiesenen Familien, sondern vor allem der Mittelstand, der jetzt rund 300 Euro im Monat zahlen muss. Der nach Sozialgesichtspunkten gewährte Einstiegssatz von 48 Euro monatlich inklusive Verpflegung ist kein ernsthaftes Argument, ein Kind nicht in die Kita zu schicken. Wer es nicht macht, zeigt vor allem, dass ihm die Förderung seines Kindes völlig egal ist.

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky benennt mit seiner Forderung nach einer Kita-Pflicht, worum es geht: Wie können Kinder aus jenen Milieus in die Kita geholt werden, in denen es bildungsfernen Eltern an sozialen Kompetenzen und an geregelten Tagesabläufe fehlt? Das betrifft Deutsche wie auch Migranten. Eine Kita-Pflicht aber ist nicht durchsetzbar, weil es in das grundgesetzlich garantierte Erziehungsrecht der Eltern eingreift. Auch manch deutschstämmigem Bildungsbürger wird dieser staatliche Eingriffsanspruch zu weit gehen. Nur wenn Kindertagesstätten selbst zur Vorschuleinrichtung werden, kann der Staat alle Eltern zur Teilnahme zwingen. Dann aber werden umgeschulte Tischler nicht weiterhelfen.

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