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Nach Festnahme in Italien: Nord-Stream-Verdächtiger wird Haftrichterin vorgeführt – und verweigert Auslieferung nach Deutschland
Nach der Festnahme des Ukrainers prüft ein Gericht, ob der Haftbefehl Bestand hat – normalerweise eine Formsache. Doch nun wurde eine weitere Anhörung im September angesetzt.
Stand:
Der in Italien festgenommene mutmaßliche Drahtzieher der Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee verweigert die Auslieferung an Deutschland. Er habe bei einer Anhörung am Freitag angegeben, sich zum Zeitpunkt der Taten in der Ukraine aufgehalten zu haben, sagte Serhii K. laut einer Meldung der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Die nächste Anhörung sei für den 3. September angesetzt worden.
Nach seiner Festnahme in Italien ist einer der mutmaßlichen Drahtzieher bei der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee der Haftrichterin vorgeführt worden. Die Richterin in der norditalienischen Stadt Bologna muss entscheiden, ob der europäische Haftbefehl gegen den 49 Jahre alten Serhij K. Bestand hat. Der Termin verzögerte sich, weil der Ukrainer behauptete, nicht ausreichend Englisch zu sprechen und auf einem weiteren Übersetzer bestand. Die Entscheidung gilt jedoch als Formsache.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem Verdächtigen gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor. Nach Erkenntnissen der deutschen Ermittlungsbehörden gehörte er zu einer Gruppe, die im September 2022 nahe der Ostseeinsel Bornholm Sprengsätze an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 platzierte. Nach seiner Festnahme in der Nähe des Badeorts Rimini an der italienischen Adria-Küste wurde er ins Gefängnis gebracht.
Ehemaliger Agent?
Bei Serhij K. soll es sich um einen ehemaligen Agenten des ukrainischen Geheimdienstes SBU handeln. Das berichtet der „Spiegel“. Er soll sich während des Sabotage-Aktes an Bord der Segeljacht „Andromeda“ befunden haben. Das Schiff habe Taucher in die Nähe der Pipelines gebracht, um dort Sprengsätze am Meeresgrund anzubringen. Nach Informationen des „Spiegels“ war Serhij K. für die Koordinierung des Einsatzes an Bord zuständig.
Der 1976 geborene K. soll internationalen Sicherheitskreisen zufolge die Akademie des ukrainischen Nachrichtendienstes besucht und bis 2015 für den SBU gearbeitet haben, heißt es in dem Bericht. Danach soll er in die Privatwirtschaft gewechselt sein – bis Russland die Ukraine angriff. Nach dem Beginn des Krieges soll der ehemalige Agent Informationen des „Spiegels“ zufolge für die Spezialkräfte der ukrainischen Armee gedient haben.
Verdächtiger machte Urlaub
K. wurde in der Nacht zum Donnerstag in der Gemeinde San Clemente im Hinterland von Rimini gefasst. Dort verbrachte er seit Beginn der Woche mit seiner Frau und zwei Kindern im Alter von sechs und neun Jahren seinen Urlaub. Die Bundesanwaltschaft will ihn in Deutschland vor Gericht stellen. Die italienischen Behörden prüfen, ob er möglicherweise auch an Anschlägen auf Schiffe im Mittelmeer beteiligt war.
Auf die Spur des Mannes stießen die Carabinieri durch den Abgleich von Meldedaten: In Italien muss jeder Urlauber bei der Anmeldung im Hotel oder in der Ferienwohnung seine Papiere abgeben. Bei der Rückkehr von einem Tagesausflug mit der Familie in seine Unterkunft wurde er dann festgenommen. Nach Angaben der Polizei leistete der Mann keinerlei Widerstand.
Der Anschlag hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Mehrere Sprengungen beschädigten die beiden Pipelines so sehr, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte. An drei der insgesamt vier Leitungen wurden Lecks entdeckt. Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland. Nord Stream 2 war infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine noch nicht in Betrieb. (dpa, Tsp)
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