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Politik: … der Mantel schweigt

Über den Mantel ist zu sagen, dass er aus Akakij Akakiewitsch einen anderen Mensch machte. Ohne Mantel war er ein kleiner Beamter, mit dem Mantel wurde er stattlich.

Über den Mantel ist zu sagen, dass er aus Akakij Akakiewitsch einen anderen Mensch machte. Ohne Mantel war er ein kleiner Beamter, mit dem Mantel wurde er stattlich. So viel zu Nikolai Gogols Erzählung „Der Mantel“.

Was nun den Mantel der Frau Merkel angeht, welchen sie dieser kalten Tage trägt, sind sich die redaktionseigenen Modefachfrauen uneins. Die eine meint, er sehe aus wie eine Tonne, wohlgemerkt: er, der Mantel, nicht sie, die Trägerin. Modefachfrau zwei erinnert an die Burka, Burka ohne Kopfteil, und an jene Kleidungsstücke, wie sie in Neukölln und Kreuzberg oft zu sehen sind: sehr lang, sehr weit, mit zu langen Ärmeln, körperlos. Kopftuch dazu aber trug Frau Merkel nicht.

Der Mantel der Merkel. Welches Geheimnis birgt er, was will er uns sagen? Er ist wirklich sehr weit, sehr lang, so weit, dass die Kanzlerin den Gatten, den Herrn Sauer, bei Staatsbesuchen leicht mit einkleiden könnte – er mag ja eh nicht so gerne an die Öffentlichkeit.

Ansonsten ist er eher nicht so vorteilhaft, erst recht nicht in seiner Symbolkraft. Was, wenn dieser Mantel der Mantel der Geschichte ist, Helmut Kohl flüstert er, könnte ja sein? Dann könnte man schnell sagen: Na, der Mantel der Geschichte ist wohl ein paar Nummern zu groß für unsere Frau Merkel, und das will man doch nun wirklich nicht nach den paar Tagen im Amt. Kommen wir noch einmal zur Tonneninterpretation von Modefachfrau eins.

Tonne assoziiert schwer, unförmig, Helmut Kohl. Doch, Kohl, das macht ja auch jede Menge Sinn. Erst hat Frau Merkel vor Jahren die Abnabelung vom Altkanzler gefordert, jetzt trägt sie eben seinen Mantel auf. Sie muss noch ein wenig reinwachsen, sie verliert sich ein bisschen im Gewebe.

Doch ist so ein Mantel vielschichtiger. Dem Modell „Neukölln“ muss noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. „Neukölln“ wird vorwiegend von türkischen Müttern und Großmüttern getragen. Dass Frau Merkel dieses Modell wählt und bei offiziellen Anlässen trägt, ist also ein hochpolitisches Signal. Bisher hatte sie es nicht so sehr mit der Türkei, ja sagte sogar, man müsse den EU-Beitritt ergebnisoffen diskutieren. Und meinte damit, dass das Ergebnis nur sein könne, dass die EU zu bleibe für die Türkei. Wenn sich unsere Kanzlerin nun modisch derart eindeutig positioniert, könnte das einen Sinneswandel andeuten.

Der Mantel der Merkel hat auch einen Kragen. Der ist theoretisch hochklappbar und damit sturm- und wetterfest. Und man kann den ganzen Mantel als Zelt benutzen, wenn man einsam und unbehaust ist. Aber so viel Negatives wollen wir der Kanzlerin gar nicht gönnen. Nur wärmere Tage.uem

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