Politik: … wir die Geschichte fluten
Schon immer hat sich die Menschheit gefragt, was man tun soll mit dem Bösen. In der jüngeren deutschen Geschichte etwa machten sich Spechte daran, die Mauer niederzureißen.
Schon immer hat sich die Menschheit gefragt, was man tun soll mit dem Bösen. In der jüngeren deutschen Geschichte etwa machten sich Spechte daran, die Mauer niederzureißen. Abriss half nicht, die DDR lebt fort in so manchem Kopf. Dann kam die PDS.
Die PDS zu ignorieren ging nicht. Denn sie hatte Gregor Gysi. Gregor Gysi durch alle Talkshows der Republik zu hetzen, brachte es nur partiell. Gregor Gysi gab auf. Und die PDS erscheint unverwüstlich, die DDR lebt immer noch fort. Also sprach der Herr zu Noah: ’Gehe du in den Kasten, ich lasse es regnen’. So soll es geschehen, heute, am Tag, an dem in Berlin der Palast der Republik geflutet wird. Zuvor hatte es der Herr schon mit Asbest versucht, aber dem widerstand der Palast. Jetzt fließen 220 000 Liter Wasser, „und wischen will ich alles, was entstand, was ich gebildet habe, vom Antlitz der Erde“, sprach der Herr in Genesis 7,4.
Oberflächlich handelt es sich beim Wassereinbruch in der alten Volkskammer der DDR um eine Performance. Unter der Oberfläche wird gewischt. Die Fußspuren Honeckers? Die Wasser werden sie tilgen. Mielkes perfide Hinterlist? Ein Schwall und fort ist sie. Das Blau in Margots Haar? Wisch und weg. Das steinerne Symbol des Schießbefehls, des Staatsratsplans, der Staatssicherheit, und allerdings auch der Ort, an dem die Kammer die Auflösung der DDR verfügte, „und weggewischt wurden sie von der Erde, und übrig blieb nur...“, damals war es Noah. Und heute?
Der Herr hatte sich seinerzeit ja auch schon vertan, als er glaubte, mit Putzfimmel dem Bösen beizukommen. Das hatte sich längst wieder formiert, als Herkules ans Ausmisten ging und auch nur temporären Erfolg hatte. Später gab es Persilscheine. Die sorgten auch nicht für Reinheit. Oder wischt sich am Ende gar nichts weg, nicht mit 220 000 Litern Wasser, nicht mit 40 Tagen Flut auf der Erde?
Schwimmen dann die Palastbesucher auf Schlauchbooten durch die Räume, durch die Geschichte? Sehen da ein Eckchen, stoßen dort vor eine Kante, und sind bei der nächsten Annäherung vorsichtiger? Und wenn der Zusammenstoß besonders gerumst hat, vergessen sie ihn dann nie wieder? Wenn die Wasser klar sind in den Fluten der Volkskammer, kann man vielleicht zum Grund sehen, und dort den Schießbefehl, die Staatssicherheit, Mielke und das Blau in Margots Haar. Abgesoffen, aber nicht vergessen. Gut so. Wasser marsch. uem
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