
© Tagesspiegel/Nassim Rad
80 Jahre Tagesspiegel : Nahbar, innovativ und offen nach vorne
Wie wollen wir leben? Das ist die Leitfrage unseres Jubiläums. Dabei müssen wir auch uns und unseren Journalismus in den Blick nehmen.

Stand:
Geburtstage sind oft ein Anlass, um zurückzublicken. Auf das vergangene Jahr, auf einen Lebensabschnitt, manchmal auch auf den Anfang. An den können sich die meisten Menschen zwar selbst nicht erinnern, sehr wohl aber all jene, die dabei waren.
Von unseren Anfängen sind viele Geschichten überliefert. Sie wurden von Beginn an niedergeschrieben und dokumentiert von denen, die vor 80 Jahren den Tagesspiegel gründeten. Auf ihre, auf unsere Geschichte wollen wir in den kommenden Tagen zurückblicken. Es ist eine Geschichte, die eng verwoben ist mit dem Schicksal Berlins, der lange geteilten und schließlich wiedervereinten Stadt. Es ist gleichsam eine deutsche Glücksgeschichte.
Doch bei der Rückschau, so wichtig sie auch ist, wollen wir es nicht belassen. Wir richten an diesem Jubiläumstag den Blick auch nach vorne. Auf die große Frage: Wie werden wir in Zukunft leben – als Demokraten und Stadtbürger, als Menschen? Wie werden wir regiert werden, wie uns verteidigen? Wie lieben, wie altern, wie essen? Wie werden wir wohnen, wie uns fortbewegen? Acht Autorinnen und Autoren mit Expertise und Weitsicht wagen in dieser Jubiläumsausgabe eine Prognose.
Als wichtigste Qualitätszeitung aus der Hauptstadt für ganz Deutschland stellen wir uns an diesem Tag aber natürlich auch selbst Fragen: Wie werden sich Menschen künftig informieren? Welche Aufgabe hat Journalismus? Wie ist es um die Pressefreiheit bestellt? Und wie wird sich der Tagesspiegel entwickeln?
Denn auch der Journalismus steht vor enormen Herausforderungen. Die Art, wie heute Informationen konsumiert wird, hat sich fundamental verändert. Die meisten Menschen, vor allem jüngere, beziehen sie nicht mehr direkt über einzelne Medien, sondern über Plattformen wie Youtube, Whatspapp und andere soziale Netzwerke. Auch andere Formen gewinnen an Bedeutung. Das geschriebene Wort bleibt wichtig, aber journalistische Inhalte werden heute verstärkt über Video und Audio bezogen – auch von vielen älteren Menschen. Digitaler Journalismus ist längst das neue Normal. Und vielleicht schon bald von gestern.
Qualitätsjournalismus wird sich in solchen Zeiten nur behaupten können, wenn er seine Glaubwürdigkeit stärkt.
Christian Tretbar, Tagesspiegel-Chefredakteur
Künstliche Intelligenz wird Journalismus, die Art und Weise, wie wir uns im Digitalen bewegen, fundamental verändern. Schon jetzt beschaffen sich viele von uns Informationen im Netz nicht mehr klassisch über die Google-Suche, sondern lassen sich fertige Antworten von KI-Plattformen liefern. Medien werden sich diesen neuen Bedürfnissen anpassen müssen – mit weitreichenden Folgen.
Das heißt aber mitnichten, dass KI den Journalismus übernehmen wird. Sie kann ihm vielmehr zu neuer Qualität und neuem Ansehen verhelfen. Dann nämlich, wenn KI zeitraubende Routineaufgaben übernimmt und so Freiraum schafft für das, was Journalismus im Kern ausmacht: fundierte, gut recherchierte und gut erzählte Geschichten. Dazu müssen Medienmacher die KI allerdings umarmen, statt sie zu verteufeln.
Doch nicht nur der technologische Wandel fordert den Journalismus heraus. Die Pressefreiheit steht weltweit unter Druck. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt mittlerweile in Staaten, in denen es um die Freiheit der Medien schlecht bestellt ist. Dort, wo diese Freiheit schwindet, haben Autokraten leichtes Spiel. Noch ist es hierzulande Konsens, dass ein unabhängiger, unerschrockener Journalismus unabdingbar für eine funktionierende, demokratische Gesellschaft ist. Es aber ist nicht selbstverständlich, dass das so bleibt.
Qualitätsjournalismus wird sich in solchen Zeiten nur behaupten können, wenn er seine Glaubwürdigkeit stärkt. Dazu wird er offen im Diskurs und nahbar im Umgang mit seinem Publikum sein müssen. Sich unvoreingenommen und voller Neugierde mit Argumenten, Positionen, oft auch Empfindungen und Gefühlen auseinanderzusetzen, auch wenn diese in der Lebenswelt von Medienmenschen eher selten vorkommen – das gehört zwingend dazu.
Ein solcher Journalismus bringt Menschen zusammen, stößt Debatten an und begleitet sie. Er geht empathisch mit Problemen und Sorgen um, setzt sich für konstruktive Lösungen ein und verliert bei alledem das Heitere nicht aus dem Blick.
Das alles aus Berlin, Deutschlands einziger wirklicher Metropole. Was hier passiert, hat oft Relevanz für das ganze Land. Urbane Entwicklungen, moderne Lebensformen, politische Weichenstellungen, Weltpolitik – das sind die Themen, für die der Tagesspiegel steht und weshalb sich sein Angebot von dem anderer großer Medien unterscheidet. Wir richten uns an all jene, die urban denken und fühlen, wir sind für „Großstädter im Kopf“ da.
An Geburtstagen, auch an hohen, darf man sich ja oft etwas wünschen. Wir wünschen uns, dass Sie, liebe Leserinnen Lesern, uns treu bleiben, uns gerne auch kritisch begleiten. Wir wollen Ihnen einen modernen Qualitätsjournalismus aus der Hauptstadt bieten – offen, innovativ und nahbar.
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