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Bayern: Abschiebehaft statt Wagner-Festspiele
Moreen aus Uganda hätte Kostümnäherin in Bayreuth werden können. Jetzt soll sie abgeschoben werden – nach 14 Jahren in Deutschland.
Moreen (Name geändert) aus Uganda lebt seit 14 Jahren in Deutschland. Sie ist aktiv für den Verein „Bunt statt Braun“ und arbeitet in der Nähstation in Bayreuth. Außerdem hat sie bundesweit "rassismuskritische Bildungsarbeit" bei "glokal e.V." in Berlin geleistet und an der Kiron Universität (Open Higher Education for Refugees, Berlin) Wirtschaft studiert. Alles ehrenamtlich, denn die Ausländerbehörde untersagte der 39-Jährigen stets die Arbeitserlaubnis. Auch dann, als sie ein Angebot bekam, als Kostümnäherin für die Richard-Wagner-Festspiele zu arbeiten.
Nun soll sie abgeschoben werden. Ihre Kolleginnen und Kollegen von Bunt statt Braun sind empört. Moreen hatte einen Antrag nach Paragraf 25b Aufenthaltsgesetz gestellt. Das Gesetz besagt, es kann eine „Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn sie oder er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat“. Gedacht ist der Paragraf für Geduldete oder Asylbewerber, die schon länger hier sind.
Moreen soll ihre Identität verschleiert haben
In Bayern wird ihr mangelnde Integrationsbereitschaft vorgeworfen, weil sie „ihre wahre Identität verschleiert“ haben soll, wie ein Sprecher der Stadt Bayreuth auf Nachfrage sagt, „um eine zeitnahe Beendigung ihres Aufenthaltes in Deutschland zu verhindern“. Sie sei „ihrer gesetzlichen Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung ihrer staatsbürgerlichen Identität“ in den letzten Jahren in keiner Weise nachgekommen. Seit 2005 sei sie ausreisepflichtig gewesen.
Moreens Anwältin sagt, sie habe sich bemüht, einen Pass zu bekommen, aber das sei in Uganda nicht so einfach möglich und ginge nicht so schnell. Anfang August hat Moreen dann einen Pass aus Uganda bekommen und konnte den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis stellen. Der Sprecher der Stadt bestätigt das. Auch die Echtheit des Passes. Aber Moreen soll trotzdem abgeschoben werden. Moreen und ihre Anwältin versuchten nun, mit vorliegendem Pass, die Aufenthaltserlaubnis einzuklagen. "Sie hat die Behörden nie getäuscht, wie ihr von diesen vorgeworfen wird", sagt Moreens Anwältin. Sie habe immer ihren richtigen Namen und ihr korrektes Geburtsdatum genannt. Dies sei durch den später erhaltenen Pass ja auch bestätigt worden. "Meine Mandantin der Täuschung zu bezichtigen, ist schlicht falsch."
10 Minuten Zeit, um die Sachen mitzunehmen
Das Gericht lehnte das Gesuch auf Einbürgerung wegen guter Integration jedoch ab. Das Verwaltungsgericht Bayreuth entschied, dass Duldungen, die wegen Passlosigkeit zustande kommen, nicht zu den acht Jahren Aufenthalt zählen, welche als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Paragraf 25b gelten.
Direkt nach der Urteilsverkündung standen Polizisten vor dem Gerichtssaal und nahmen Moreen in Abschiebegewahrsam. Auf dem Weg dorthin hatte sie zehn Minuten Zeit, die Sachen aus ihrer Wohnung zu holen. Als die Beamten Moreen zum Abschiebeflieger bringen wollten, wehrte sich die Frau so stark, dass ihre Abschiebung abgebrochen werden musste. "Die Frau hat gegen die Abschiebung Widerstand geleistet", bestätigt der Sprecher der Stadt lediglich. Weiter wolle man sich dazu nicht äußern.
Seitdem sitzt Moreen in Abschiebehaft. Ihre Anwältin und die Kolleginnen von „Bunt statt Braun“ kritisieren, dass die Ablehnung ihres Asylgesuchs bereits vor dem eigentlichen Urteilsspruch beschlossen und organisiert worden war. „Wir sind zutiefst schockiert über diese menschenunwürdige und brutale Praxis des Freistaats Bayern“, schreiben sie in einer Rundmail mit der Aufforderung, der Bürgermeisterin der Stadt, Brigitte Merk-Erbe, zu schreiben und die Freilassung von Moreen zu fordern. Prozesse würden so getaktet, dass am Abend des selben Tages die Abschiebung stattfinden könne.
Absprache zwischen Ausländerbehörde und Gericht
Der Stadtsprecher sagt zu den Vorwürfen, eine Absprache zwischen Ausländerbehörde und Gericht habe es nicht gegeben. Jedoch: „Die Abschiebung wurde vollkommen unabhängig vom Gerichtsverfahren in Auftrag gegeben. Die eingereichte Klage hatte keine aufschiebende Wirkung.“ Bereits zuvor habe das Verwaltungsgericht Bayreuth ausgeführt, dass „selbst im Falle der Vorlage eines Passes die Ablehnung des Aufenthaltstitels die einzige ermessensfehlerfreie Entscheidung“ sei. Der Frau stünde es frei, die Härtefallkommission des Bayerischen Landtags anzurufen. Genau dies wollte „Bunt gegen Braun“ unternehmen. Jedoch kann die Kommission den Fall nicht annehmen, da die Abschiebung schon eingeleitet wurde.