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„Abschieben“-Sprechchöre nach Anschlag: 3500 Menschen bei AfD-Kundgebung in Magdeburg – Gegendemo mit Menschenkette
Rund 3500 AfD-Anhänger sind nach dem Anschlag in Magdeburg zu einem Trauermarsch zusammengekommen. Etwa 4000 hielten mit einer Menschenkette dagegen.
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Drei Tage nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt haben auf dem Domplatz Anhänger der AfD demonstriert. Unter dem Motto „Trauer vereint - Für eine sichere Zukunft“ versammelten sich am späten Montagnachmittag zahlreiche Menschen zu der Kundgebung. „Wir fordern echte Aufklärung“, sagte die eigens aus Berlin angereiste AfD-Chefin Alice Weidel. Es gehe um „die Lehren aus dieser Wahnsinnstat und aus ähnlichen Taten der Vergangenheit“.
„Wer die Bürger des Landes verachtet - ja tötet - das ihm Asyl gewährt, wer alles verachtet, wofür wir stehen, was wir lieben, der gehört nicht zu uns“, sagte Weidel auf der Bühne. „Wir wollen, dass sich endlich etwas ändert in diesem Land und dass wir nie wieder mit einer Mutter trauern müssen, die auf so sinnlose und brutale Weise ihren Sohn verloren hat.“
AfD-Generalsekretär Jan Wenzel Schmidt, der ebenfalls als Redner auftrat, bezeichnete den Anschlag als „monströses politisches Versagen“. Der „Massenmörder“ habe seine Absichten öffentlich verkündet, dennoch sei sein Asylantrag genehmigt worden. Schuld an dem Anschlag seien nicht die Polizeibeamten, sondern deren Führung, die „ihnen die Hände fesselt und sie alleine lässt“, sagte Schmidt.
Auf Live-Übertragungen waren zahlreiche Menschen zu sehen. Es waren immer wieder laute „Abschieben“-Sprechchöre zu hören. Die Polizei bezifferte die Teilnehmerzahl auf 3500.
Auch mehrere Gegendemonstrationen fanden parallel statt. Etwa rund um den Alten Markt, wo Tausende Menschen mit einer Menschenkette an die Opfer des Anschlags erinnerten und sich gegen die politische Vereinnahmung durch Rechte positionierten.
Am Alten Markt war es zu dem Anschlag gekommen. Zu der Aktion hatte die Initiative „Gib Hass keine Chance“ aufgerufen, das Bistum Magdeburg beteiligte sich. Nach Angaben des Veranstalters kamen Tausende Menschen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 4.000 Personen.
Die Menschen aller Altersgruppen standen teils in dichten Trauben beieinander. Sie trugen Kerzen in den Händen, applaudierten Rettungskräften und riefen ihnen „Danke“ zu. „Das sind Lichter für eine weltoffene Stadt“, sagte Oliver Wiebe von der Initiative „Gib Hass keine Chance“. Man sei zum Trauern und Gedenken zusammengekommen.
Warnungen vor rassistischer Gewalt
Die Mobile Opferberatung in Sachsen-Anhalt und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt warnten vor einer Eskalation von Rassismus und rechten Bedrohungen infolge der Instrumentalisierung des Anschlags. Das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt sprach von einer gefährlichen Lage. Es rät Menschen mit Migrationsgeschichte dringend davon ab, sich alleine und in den Abendstunden durch die Stadt zu bewegen.
Am Freitagabend war ein Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Alten Markt gerast. Mindestens fünf Menschen starben, darunter ein neunjähriges Kind. Rund 200 weitere Menschen wurden verletzt, viele davon schwer. Als mutmaßlicher Täter wurde ein 50-jähriger Arzt aus Saudi-Arabien festgenommen, der seit 2006 in Deutschland lebt. Er soll sich in jüngerer Zeit immer weiter radikalisiert haben - als Islamhasser, der die deutschen Behörden verachtete und mit der AfD sympathisierte.
Dies wiesen Vertreter der AfD bei der Demonstration am Montag zurück. Nach der Kundgebung auf dem Domplatz fand ein „Trauermarsch“ durch die Innenstadt statt. (AFP, dpa)
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