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Politik: Abschied von der 18

FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt will nach Möllemann auch den Möllemannismus loswerden

Was bleibt vom Möllemannismus – ohne Möllemann? Am Donnerstag und Freitag kommender Woche macht die FDP, was Parteien tun, wenn es Beratungsbedarf gibt. Fraktion und Bundesvorstand ziehen sich zu einer Klausursitzung zurück. Es geht um die Analyse der Wahlniederlage. Und es geht darum, was aus dem Projekt 18 wird. Als „Hauptursache“ für die schwachen 7,4 Prozent am 22. September hat Parteichef Guido Westerwelle bereits Möllemann und sein Flugblatt ausgemacht. Doch er hat stets auch betont, dass daneben andere Ursachen vorlägen. Die bundesweit plakatierte Ziffer 18, die Kanzlerkandidatur, der Verzicht auf eine Koalitionsaussage, Spaßkultur, Guidomobil, die Unabhängigkeitsstrategie – all das, was Möllemann seiner FDP auf den Parteitagen der vergangenen zwei Jahre abgerungen hatte, wird nun hinterfragt.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt geht mit klaren Ansichten in die Klausur. Er empfiehlt seiner Partei, auf die 18 zu verzichten. „Die 18 ist kein Kernbestandteil unserer Identität oder unseres Kurses", sagte Gerhardt am Freitag dem Tagesspiegel. Die Strategie der Liberalen bestehe „aus Inhalten, nicht Zahlen". Der Hesse betont, seine Partei wolle am Kurs der Selbständigkeit festhalten. Als „unverrückbar“ bezeichnet er die Unabhängigkeit: „Es bleibt dabei, dass die ganze Partei nach langen Jahren als Koalitionspartner wieder stärker als eigenständige politische Kraft auftritt. Doch die Ansicht, dass die Zahl 18 und andere werbliche Maßnahmen unentrinnbar damit verbunden sind, vertrete ich nicht.“

Unabhängigkeit ja, Protzerei nein – das ist Gerhardts Verständnis der Lehren, die aus den schwachen 7,4 Prozent zu ziehen sind. „Unsere Unabhängigkeit verdeutlichen wir durch Profil und Substanz, nicht durch werbliche Maßnahmen. Ich bin gegen eine dogmatische Festlegung auf eine Zahl. Wir müssen nicht, um unsere Unabhängigkeit zu zeigen, in jedem Wahlkampf sklavisch die 18 spazieren führen", sagt er.

Möllemann hatte das Projekt 18 nur schrittweise umsetzen können. Zuletzt, im Mai in Mannheim, kam die liberale Kanzlerkandidatur. Möllemann, Westerwelle und beider Ex-Berater Fritz Goergen waren die treibenden Kräfte hinter dem Vorstoß, der die FDP endgültig wegbringen sollte von dem, was Ex-Generalsekretär Werner Hoyer als „Partei der Besserverdienenden“ bezeichnet hatte.

„Mit der 18 alleine wird nicht ausreichend Modernität und Unabhängigkeit beschrieben, ebenso wie wir ohne die 18 nicht zurückfallen in die Zeit der Altvorderen, der kleinen und feinen FDP", sagt Gerhardt. Westerwelle hat bereits angekündigt, die Liberalen würden am Projekt 18 festhalten. Möllemann hatte seinen Machtkampf in Düsseldorf mit geharnischten Warnungen garniert, der FDP drohe der Rückfall in den Status einer elitären Klientelpartei, wenn man auf populistische Ziele verzichte und sich wieder als Sachwalter von Zahnärzten und Rechtsanwälten verstehe. Vor allem seinen Parteifreund Hoyer hatte Möllemann massiv angegriffen, weil der es bedenklich fand, dass die FDP bei den Wahlen im bürgerlichen Milieu abbaute, in Arbeitergegenden aber gewann. Jüngere Liberale wollen bei der Klausur argumentieren, dass der Bundestagsfraktion die Jugend und die Frauen fehlen, dass eine Verbreiterung also dringend nötig sei.

Auch am Verzicht auf Koalitionsaussagen, einem weiteren Projekt-18-Dogma, rüttelt der Fraktionschef. „Man muss so unabhängig sein, Koalitionsaussagen zu machen – oder eben auch nicht", sagt Gerhardt. „Der unbedingte Verzicht auf sie kann nicht das Wesen der FDP alleine ausmachen." Und was ist mit dem Begriff vom Bürger-Protest, den die FDP aufgreifen solle? „Einen positiv aufgeladenen Protest aus der Mitte, gegen den überbordenden Staat beispielsweise, nehmen wir gerne auf. Irregeführten Protest wollen wir nicht, und schon gar nicht laufen wir irgendwelchen Rändern nach. Das ist unstrittig. Darum geht es, und nicht nur um die Finanzierung eines Faltblatts."

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