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„Absurde Prioritätensetzung“: Verteidigungsministerium will für 825 Millionen Euro Uniformen kaufen
Das Haus von Minister Pistorius will die Dienstbekleidung der Truppe erneuern. Aus der Opposition werden die Pläne kritisiert. Doch vielleicht gibt es in dieser Legislatur keinen Beschluss mehr.
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Schon lange soll die Bundeswehr neue Dienstbekleidung erhalten. Das Vorhaben wurde zurückgestellt, um vorrangig Kampfanzüge und persönliche Ausrüstung zu erneuern. Nun sollen neue Uniformen beschafft werden. Beim Haushaltsausschuss sei am Donnerstag ein entsprechender Antrag eingegangen, berichtete die „Bild am Sonntag“ („BamS“).
Ein Ministeriumssprecher bestätigte der Agentur dpa allgemein Pläne zur Erneuerung und Modernisierung: Es gehe „vorrangig darum, die Bekleidung, die tagtäglich von Zehntausenden Soldatinnen und Soldaten im sogenannten Innendienst in den Verbänden, Kommandos aber auch bei den integrierten Verwendungen bei Nato und EU getragen wird, unter anderem in Bezug auf Qualität an den aktuellen Stand anzupassen“, sagte er. Die Zeitung hatte berichtet, die Bundeswehr wolle „825 Millionen für Ausgehuniformen“ ausgeben.
Der Ministeriumssprecher erläuterte weiter, dass der geplante Änderungsvertrag zur Versorgung der Bundeswehr mit Bekleidung und persönlicher Ausrüstung unter anderem Kampf-, Arbeits- und Sportbekleidung umfasse sowie „die tagtäglich genutzte Dienstbekleidung, zu der auch ein Anteil Ausgehuniformen gehört“.
Mehr als 800 Millionen Euro ist eine unfassbar große Summe, die viele Fragen aufwirft.
Ingo Gädechens, CDU-Haushaltsexperte
Die Modernisierung der Dienstbekleidung war schon 2018 entschieden worden, wurde dann aber zurückgestellt, um zunächst „wichtige Kampfbekleidung und -ausrüstung für die Truppe“ zu erneuern, zitierte die Agentur AFP einen Ministeriumssprecher. Dies sei in den vergangenen Jahren passiert. Nun könne „der Anteil Dienstbekleidung weiter umgesetzt“ werden.
Doch der Beschluss wird eventuell nicht mehr in dieser Legislaturperiode gefasst, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) am Sonntag berichtete. Der für das Vorhaben zuständige Haushaltspolitiker der SPD-Fraktion, Andreas Schwarz, sagte der Zeitung: „In Anbetracht der haushalterischen Gesamtsituation gibt es sicherlich Beschaffungen, die eine wesentlich höhere Priorität haben.“
Als Beispiele nannte der Abgeordnete Munition und Fahrzeuge. „Die politischen Signale, die mich gerade erreichen, deuten auf eine Verschiebung der Entscheidung in die nächste Legislatur hin.“

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Die meisten Soldaten tragen im Berufsalltag den sogenannten Kampfanzug mit Flecktarn, die gewöhnliche Uniform. Für repräsentative Anlässe oder offizielle Termine wie zum Beispiel Appelle, Gelöbnisse oder Gottesdienstbesuche gibt es Ausgehuniformen, die sich je nach Waffengattung (Heer, Luftwaffe, Marine) unterscheiden.
Sie bestehen aus Jacke, Hemd, Hose, schwarzen Socken und gegebenenfalls Halbschuhen sowie einem Barett oder einer Schirmmütze als Kopfbedeckung.
Der „BamS“ zufolge sollen von den insgesamt 825 Millionen Euro 306 Millionen Euro bereits vertraglich gebunden, aber bisher nicht ausgegeben sein. Nach dem Willen des Ressorts von Minister Boris Pistorius (SPD) solle der Haushaltsausschuss in seiner nächsten Sitzung die fehlenden 519 Millionen Euro beschließen. In der SPD-Fraktion wurde der „FAZ“ die Größenordnung des Vorhabens bestätigt.
Die Finanzierung des Gesamtvorhabens erstrecke sich bis 2032, berichtet die Agentur dpa unter Berufung auf das Ministerium. Zu einem etwaigen Haushaltsantrag und den Details wollte sich der Sprecher demnach mit Blick auf die noch ausstehende Parlamentsbefassung nicht äußern.
Das Blatt zitierte den CDU-Haushaltsexperten Ingo Gädechens, der der Bundesregierung eine „absurde Prioritätensetzung“ vorwarf. Die Uniformen würden die Bundeswehr „kein Stück kriegstüchtiger machen“, sagte Gädechens demnach.
FDP warnt vor Folgen für gesamten Wehretat
Die FDP warnte vor negativen Konsequenzen für den gesamten Verteidigungshaushalt. Alexander Müller, verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, sagte dem Tagesspiegel: „Wenn Minister Pistorius die Dienstanzüge erneuert, ohne Änderungen an Schnitt oder Ausstattung, und dafür fast eine Milliarde ausgeben will, dann weckt er Zweifel an der Priorität des Verteidigungshaushalts.“
Plane Pistorius jetzt solche hohen Summen für Nebensächlichkeiten ein, dann werde sein Etat nicht aufwachsen, warnte Müller. „Die Bundeswehr hat aber dringenden Finanzbedarf bei Gebäuden, Munition, Digitalisierung, Fahrzeugen und Schiffen. Wir dürfen jetzt nicht die falschen Prioritäten setzen, sonst gefährden wir den nötigen Zuwachs im Verteidigungshaushalt.“
Pistorius hatte am Samstag bei einer Rede in anderem Kontext angemahnt, Deutschland müsse angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine neu aufstellen.
„Unsere Sicherheit ist ein fragiles Gut.“ Deutschland müsse mehr Tempo machen und mehr für seine „Kriegstüchtigkeit“ investieren, mahnte der Verteidigungsminister. (lem, swi)
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