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Politik: „Afghanistan hat eine islamische Verfassung – eine gute“

Der US-Sonderbeauftragte Taylor über Demokratie und Religion, die Rolle der Taliban und die Suche nach bin Laden

WILLIAM B. TAYLOR

ist amerikanischer

Sonderbeauftragter für Afghanistan. Er wird auch an der Afghanistan-Konferenz am 31. März und 1.April in Berlin teilnehmen.

Foto: R/D

Wie dicht sind Ihre Truppen Osama bin Laden auf den Fersen?

Amerikanische, afghanische und pakistanische Truppen arbeiten im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet eng zusammen. Wir sind dabei, die Kämpfer von Al Qaida aufzuscheuchen, um sie zu stellen. Wie dicht wir an bin Laden dran sind, kann ich nicht sagen.

Die afghanischen Behörden behaupten, es gebe genaue Informationen, wo er sich in Pakistan verstecke. Pakistan unternehme aber nichts .

Ich glaube nicht, dass das stimmt. Pakistan ist gerade in jüngster Zeit sehr aktiv. Die Regierung schickt nun sogar Truppen in jene Grenzregionen, die bislang als unkontrollierbar galten, und wo die Taliban viele Anhänger haben.

Gab es hier Druck aus Washington?

Nein. Pakistan handelt, weil dies in seinem eigenen Interesse liegt.

Wie gefährlich sind die Taliban und Al Qaida für das neue Afghanistan?

Sie sind eindeutig keine strategische Bedrohung mehr für das Land. Aber sie sind noch immer in der Lage, unsere Truppen und auch die afghanische Bevölkerung anzugreifen. Doch wir lassen uns davon nicht beeindrucken. Bestes Beispiel ist der Bau der Straße von Kabul ins südöstliche Kandahar. Obwohl die Taliban einige Wachleute getötet und Ingenieure entführt haben, wurde die Straße zu Ende gebaut.

Wird die Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ bald von der Nato geführt?

Wir diskutieren derzeit über ein größeres Engagement der Nato. Nach der Übernahme der Isaf-Friedenstruppe in Kabul wird sie nun auch in den Regionen Präsenz zeigen. Auftakt ist das deutsche Wiederaufbauteam in Kundus, das ja unter dem Schirm der Nato operiert und einen großen Beitrag zur Stabilität Afghanistans leistet. Es gibt Gespräche darüber, ob die Nato in ein oder zwei Jahren möglicherweise auch „Enduring Freedom“ übernehmen wird. Wie das konkret aussehen kann, muss noch geklärt werden.

Wann werden sich die USA aus Afghanistan zurückziehen?

Wir werden bleiben, solange es die Lage im Land erfordert.

Sollten die Deutschen in Kundus nicht auch gegen den Drogenanbau in der Region vorgehen?

Auch die US-Truppen waren hier in der Vergangenheit zurückhaltend. Das ändert sich nun. Unsere Truppen patrouillieren verstärkt in den Anbaugebieten und geben Informationen an die lokalen Behörden weiter. So etwas würde ich mir von den Deutschen wünschen. Ich weiß, dass es Einschränkungen durch den Bundestag gibt. Innerhalb der gebilligten Aufgaben jedoch können deutsche Patrouillen ähnlich handeln.

Und was können die Behörden tun?

Großbritannien bildet afghanische Anti-Drogeneinheiten aus, die gegen die Drogenwirtschaft vorgehen sollen. Aber die Behörden bekommen auch Unterstützung von den US-Truppen. Im Frühjahr planen wir eine Offensive gegen den Drogenanbau, dann werden unsere Soldaten Mohnfelder zerstören .

Kann Afghanistan ein Modell für den Irak sein?

Afghanistan bietet die Chance, zu beweisen, dass die internationale Gemeinschaft den Aufbau einer demokratischen und marktorientierten Regierung in einem islamischen Staat unterstützen kann. Modellcharakter hat die internationale Arbeitsteilung. So ist Deutschland etwa für den Aufbau der Polizei verantwortlich, Frankreich unterstützt die USA dabei, die Armee zu trainieren. Und wir haben die UN, die die Arbeit koordinieren.

Sollten die UN also auch eine Schlüsselrolle im Irak bekommen?

Wir haben ein großes Interesse daran, dass die UN eine vitale Rolle im Irak übernehmen.

Wie wollen Sie verhindern, dass im Irak islamische Gruppen an die Macht kommen?

Islam u nd Demokratie müssen keine Gegensätze sein. Auch Afghanistan hat eine moderate islamische Regierung und eine islamische Verfassung – eine gute Verfassung.

Das Gespräch führte Ulrike Scheffer.

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