Politik: Alle auf Fischer
Die Union greift in der Visa-Affäre den Außenminister an – der will offenbar Verantwortung übernehmen
Berlin - Nach dem Rücktritt des Grünen-Politikers Ludger Volmer von seinen außenpolitischen Ämtern zielt die Union in der Visa-Affäre verstärkt auf Außenminister Joschka Fischer (Grüne). Fischer hat angekündigt, sich heute öffentlich zu äußern; es wird damit gerechnet, dass er vor der Grünen-Parteiratssitzung Stellung nehmen und die Verantwortung für Missstände übernehmen wird.
Der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Visa-Untersuchungsausschuss, Eckardt von Klaeden, sagte dem Tagesspiegel, die Planung des Untersuchungsausschusses, Fischer erst spät anzuhören, sei kein Hinderungsgrund dafür, dass der Außenminister sich zu den Vorwürfen erkläre. „Wenn Fischer sich wie ein Angeklagter benimmt, verkennt er das Wesen eines Untersuchungsausschusses, der nur Zeugen kennt“, sagte von Klaeden. „Außerdem wäre Fischer dann zur Amtsführung nur eingeschränkt in der Lage, denn dazu gehört die Rechenschaftspflicht vor Parlament und Öffentlichkeit.“
Zuvor hatten CDU–Generalsekretär Volker Kauder und CDU-Parteichefin Angela Merkel gefordert, Fischer müsse sich unverzüglich der Verantwortung stellen. Er müsse sein „unerträgliches Schweigen“ brechen, sagte Merkel der „Bild am Sonntag“. Volmer sei nur ein Bauernopfer gewesen: „Die Visa-Affäre ist längst zu einer Affäre Fischer geworden.“ Der Außenminister habe offensichtlich vor dem massenhaften Visa-Missbrauch von Zwangsprostituierten, Schwarzarbeitern und Kriminellen die Augen verschlossen. Der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, Olaf Scholz, sagte dem Tagesspiegel: „Mit nüchternem Blick wird man schnell darauf kommen, dass Volmers Rücktritt für die Arbeit des Untersuchungsausschusses nichts ändert. Die Verknüpfung mit Volmers Tätigkeiten war publizistisch spannend, sachlich aber nicht.“ Grünen-Chef Reinhard Bütikofer wertet die Entscheidung Volmers als „Konsequenz aus der öffentlichen Debatte, ob Volmer Mandat und private Geschäftstätigkeit hinreichend getrennt“ habe. „Insofern ändert sich jetzt etwas, weil die Union alle Pfeile gegen Joschka Fischer richten wird.“ Aber das sei absehbar gewesen, sagte Bütikofer: „Denn das war von vornherein das Ziel der Opposition.“
Volmer, bis 2002 Staatsminister im Außenamt, war am Wochenende vor allem auf Drängen des nordrhein-westfälischen Landesverbands der Grünen von seinem Amt als außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion zurückgetreten. Er hat zudem angekündigt, seine umstrittene Geschäftstätigkeit für die Firma Synthesis ruhen zu lassen, die in den letzten Wochen mit der Visa-Affäre in Verbindung gebracht worden war. Sein Rücktritt wurde von den Grünen mit Erleichterung registriert.
Der Unions-Haushaltsexperte Dietrich Austermann (CDU), der aus Schleswig-Holstein kommt, forderte Fischer am Wochenende zum Rücktritt auf, weil seine Visa-Politik die Öffnung der Grenzen für Schlepper ermöglicht habe.