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Das Wohnhaus von Stephan Ernst in Lohfelden, einer Gemeinde im Landkreis Kassel.

© Uwe Zucchi/dpa

Update

An Messerangriff auf Flüchtling beteiligt?: Ermittlungen gegen mutmaßlichen Lübcke-Mörder ausgeweitet

Die Behörden verdächtigen Stephan Ernst, 2016 an einem Angriff auf einen Asylbewerber beteiligt gewesen zu sein. Er fand in der Nähe seines Hauses statt.

Von Frank Jansen

Der mutmaßliche Mörder von Walter Lübcke gerät nun auch in Verdacht, im Januar 2016 einen Iraker niedergestochen zu haben. Die Kasseler Staatsanwaltschaft sieht einen Anfangsverdacht gegen den Rechtsextremisten Stephan Ernst. Am Donnerstag durchsuchte die Polizei dessen Haus in Kassel. Darüber hatte zuerst „Spiegel Online“ berichtet. Das Haus liegt 2,5 Kilometer vom Ort des Messerangriffs entfernt.

Ein bislang unbekannter Täter hatte am 6. Januar 2016 im Kasseler Vorort Lohfelden von hinten auf einen 22-jährigen irakischen Flüchtling eingestochen. Der Asylbewerber wurde schwer verletzt. Der Täter flüchtete auf einem Fahrrad. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst zwei Männer im Blick, die als Messerstecher in Frage kamen.

Der Verdacht habe sich aber nicht bestätigt, sagten Sicherheitskreise, „das war eine Sackgasse“. Die von der Polizei gebildete „Soko Fieseler“ kam bei ihren Ermittlungen wegen versuchten Totschlags nicht voran. Beide Männer hatten mit Stephan Ernst nichts zu tun.

Wie Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt zum Anfangsverdacht gegen Ernst kamen, sagen die Behörden nicht. Naheliegend erscheint, dass die kriminelle Vergangenheit des gewalttätigen Rechtsextremisten eine Rolle spielt. Im Bundeszentralregister sind sieben Verurteilungen eingetragen, darunter eine Messerstecherei und ein versuchter Bombenanschlag auf eine Unterkunft von Flüchtlingen.

Hasswelle nach Einwohnerversammlung

Möglicherweise gibt es auch einen Zusammenhang mit einer krawalligen Einwohnerversammlung im Oktober 2015 in Lohfelden. Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke rief da krakeelenden Flüchtlingsfeinden zu, sie könnten Deutschland jederzeit verlassen. Der CDU-Politiker erntete wütende Rufe, im Internet rollte eine Hasswelle gegen Lübcke an.

Stephan Ernst hat nach seiner Festnahme im Juni im Fall Lübcke zugegeben, bei der Einwohnerversammlung einer der Protestierer gewesen zu sein. Ernst sagte auch, Lübckes Äußerung sei das Motiv für das Attentat auf den Regierungspräsidenten am 2. Juni gewesen.

Stephan Ernst Anfang Juli nach einem Haftprüfungstermin beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Stephan Ernst Anfang Juli nach einem Haftprüfungstermin beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

© Uli Deck/dpa

Der Rechtsextremist hatte nach eigenen Angaben Lübcke mit einem Schuss in den Kopf getötet. Ernst widerrief allerdings nach dem Wechsel seines Verteidigers das Geständnis, er bleibt aber dringend tatverdächtig und in Untersuchungshaft. Im Fall Lübcke ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen Ernst.

Unterdessen hat die Polizei im Fall Wächtersbach, dem zweiten rechten Anschlag in Hessen in diesem Sommer, am Dienstag eine Wohnung durchsucht. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei rückte in Erlensee (Main-Kinzig-Kreis) an, nicht weit entfernt von den beinahe tödlichen Schüssen des Rassisten Roland K. auf einen Eritreer am 22. Juli in Wächtersbach.

Dass ein Bruder von K. in der Wohnung in Erlensee lebt, wie Medien berichteten, wollte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt nicht bestätigen. Ihr Sprecher Alexander Badle sagte am Freitag nur, es werde ermittelt, „ob sich Personen an Tatplanung und Tatvorbereitung“ des Schützen beteiligt hätten. Die Tat selbst habe K. alleine verübt.

Der Rassist hatte aus seinem Toyota-Pkw sechs Schüsse auf den Eritreer abgefeuert. Eine Kugel durchschlug den Bauch des Afrikaners. Zeugen riefen sofort Polizei und Krankenwagen, das Opfer konnte in einer Notoperation gerettet werden. Roland K. erschoss sich vier Stunden nach der Tat in seinem Wagen.

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