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Politik: An zwei Fronten

Die Lage im Irak bleibt kritisch – und in den USA steigt der Druck auf Bush

Stand:

Präsident George W. Bushs Kampf um den Irak verschärft sich an zwei Fronten. Die Amtseinführung des neuen US-Botschafters in Bagdad, Ryan Crocker, wurde am Donnerstag von Anschlägen begleitet. In Washington spitzt sich der Machtkampf mit der demokratischen Kongressmehrheit um den Nachtragshaushalt für die Kriegskosten 2007 und feste Termine für die Truppenreduzierung zu.

Bei einer Anschlagsserie wurden im Irak mehr als hundert Menschen getötet. Bei einem doppelten Selbstmordattentat starben in Bagdad am Abend mindestens 60 Menschen, teilte die Polizei mit. Die Täter sprengten sich auf einem Markt im Nordosten der Hauptstadt in die Luft. Mindestens 43 weitere Menschen wurden bei Anschlägen in Chalis nördlich von Bagdad getötet. In der mehrheitlich von Schiiten bewohnten Stadt explodierten drei Autobomben. In den Tagen zuvor hatten sich Polizisten im nordirakischen Tal Afar an Massakern beteiligt. Die Eskalation hatte mit Autobomben in schiitischen Vierteln begonnen. Die Opferzahl wurde jetzt stark nach oben korrigiert: 85 Tote und 183 Verletzte. In der Nacht zum Mittwoch zogen dann Schiiten, begleitet von Polizisten, durch Sunnitenviertel und töteten wahllos Männer mit Kopfschüssen. Insgesamt gab es mindestens 150 Tote. Crocker forderte Premier Nuri al Maliki auf, mehr für die Versöhnung zu tun.

Der 51-jährige Crocker ersetzt Zalmay Khalilzad, der Botschafter bei den UN wird. Crocker spricht wie Khalilzad Arabisch und ist ein Spezialist für die muslimische Welt. Bisher war er Botschafter in Pakistan, zuvor hatte er Posten in Kuwait, Syrien, Libanon, Iran, Katar, Ägypten und Afghanistan. Vor Beginn des Irakkriegs hatte er Ex-Außenminister Colin Powell gewarnt, Saddams Sturz könne einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten auslösen. 2003 arbeitete er in Iraks Übergangsverwaltung. US-Medien nennen es „typisch Crocker“, dass er eine Einführungsfeier in Washington ausschlug und von Pakistan direkt nach Bagdad flog. In den USA verschärft sich der Ton im Streit um das 120 Milliarden Dollar Nachtragsbudget. Nach dem Abgeordnetenhaus hat der Senat den Gesetzesentwurf mit der Auflage versehen, den Abzug der Kampftruppen bis März 2008 (Abgeordnetenhaus: Herbst 2008) abzuschließen. Es geht nicht um einen Komplettabzug der 160 000 Soldaten, sondern um ihre Reduzierung und ein Verbot, in den Bürgerkrieg eingreifen. Den Kampf gegen Aufständische sollen die Iraker allein führen.

Bush hat sein Veto angekündigt, das die demokratische Mehrheit alleine nicht überstimmen kann. Zudem machte er sich über die Demokraten lustig, die rund 20 Milliarden Dollar für Projekte wie die Entschädigung von Erdbeerfarmern in Kalifornien, Baumschulen und Fluthilfe angehängt haben. US-Medien warnen, „die Demokraten laufen Gefahr, ihr Blatt zu überreizen“. 1995/96 hatte Bill Clinton einen ähnlichen Showdown gegen den damals republikanisch beherrschten Kongress gewonnen. Er warf den Republikanern erfolgreich vor, die Regierung mit Auflagen zum Budgetgesetz an der Arbeit zu hindern.

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