Politik: Auf Leben und Tod – ein Beispiel
Berlin - Das folgende Szenario kann für jeden Bürger Realität werden: Alzheimer, ans Bett gefesselt, hilflos. Welche Auswirkung kann dann eine Patientenverfügung haben, über die der Bundestag am Donnerstag diskutiert hat?
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Berlin - Das folgende Szenario kann für jeden Bürger Realität werden: Alzheimer, ans Bett gefesselt, hilflos. Welche Auswirkung kann dann eine Patientenverfügung haben, über die der Bundestag am Donnerstag diskutiert hat?
Ein Mann unterzeichnet bei völliger Gesundheit eine Patientenverfügung. Darin bestimmt er, dass er unter keinen Umständen künstlich ernährt werden möchte. Jahre später erkrankt er an Alzheimer und wird zum Pflegefall. Er verweigert jede Nahrung, schluckt nicht mehr, es ist auch zwecklos, ihn zu füttern. Der Patient nimmt immer mehr ab, er verhungert. Nur künstliche Ernährung würde noch helfen. Mit Zwangsernährung könnte er weiterleben – auf unbestimmte Zeit. Alzheimer führt nicht direkt zum Tod.
Was wiegt in einem solchen Fall schwerer: die Selbstbestimmung des Einzelnen oder die staatliche Pflicht, Leben zu schützen? Sollte sich beispielsweise eine Haltung wie die des stellvertretenden Unionsfraktionschefs Wolfgang Bosbach durchsetzen, wäre ein Arzt in dem vorgestellten Fall verpflichtet, die Zwangsernährung anzuordnen. Bosbach möchte einen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen nur bei unumkehrbar tödlichem Krankheitsverlauf erlauben. Das ist bei Alzheimer nicht der Fall.
Gäbe es dagegen eine Mehrheit für eine unbeschränkte Verbindlichkeit von Patientenverfügungen, wie sie Joachim Stünker (SPD) in seinem Antrag fordert, wäre Zwangsernährung nicht erlaubt. Der Patient müsste – oder dürfte sterben. „Das ist ethisch auf jeden Fall vertretbar“, glaubt Eckhard Nagel, Mediziner und stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Ethikrates. „Die Patientenverfügung muss in diesem Fall Beachtung finden. Sie ist ein Recht zur Abwehr bestimmter medizinischer Maßnahmen, dass jedem zusteht. Wenn ich gesund bin, kann ich mich auch weigern zu essen“, sagt Nagel.
Trotzdem dürfe der schriftlich niedergelegte Wille nicht immer eins zu eins umgesetzt werden. Ein Interpretationsspielraum müsse immer bestehen bleiben. „Denn was wäre, wenn der Patient gar nicht an Alzheimer erkrankt, sondern nach einem Autounfall bewusstlos wird und künstlich ernährt werden muss, um nicht zu sterben?“ Gie
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