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Evakuierte Personen aus Cherson gehen nach ihrer Ankunft am Bahnhof in Dschankoj eine Treppe hoch.

© dpa / Uncredited

Aufruf russischer Besatzer: Alle Zivilisten sollen Cherson „sofort“ verlassen

Seit Mittwoch sind die Evakuierungen in Gange. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig „Terrorangriffe“ in der südlichen Region vor.

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Angesichts der Kämpfe um die ukrainische Region Cherson haben die russischen Besatzer eine sofortige Evakuierung der gleichnamigen Gebietshauptstadt angeordnet. Zivilbevölkerung und Zivilverwaltung müssten noch am Samstag das westlich des Dnjepr gelegene Stadtgebiet verlassen und sich in die Gegenden östlich des Flusses begeben, ordnete die Besatzungsverwaltung auf der Internet-Plattform Telegram an.

„Aufgrund der angespannten Lage an der Front, der erhöhten Gefahr eines massiven Beschusses der Stadt und der Bedrohung durch Terrorangriffe müssen alle Zivilisten unverzüglich die Stadt verlassen“, hieß es in der Mitteilung.

Ein Reuters-Reporter sah, wie am Samstag Menschen mit ihren Habseligkeiten auf Booten das östliche Flussufer erreichten. In den vergangen Tagen waren bereits Tausende auf diesem Weg aus der Stadt geflüchtet.

Heikle Lage an der Cherson-Front

Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, „Terrorangriffe“ gegen die ukrainische Bevölkerung zu führen. Zuletzt hatte die Ukraine Geländegewinne in der südlichen Region Cherson gemeldet, die zuvor von Russland zum annektierten Gebiet erklärt worden war.

Russland sprach wiederholt von Abwehrkämpfen eigener Truppen. So erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Samstag, man habe den Versuch ukrainischer Einheiten vereitelt, in Cherson eine russische Verteidigungslinie zu durchbrechen.

Die Ukraine hat für die Cherson-Front mittlerweile eine Nachrichtensperre verhängt. Cherson ist die größte ukrainische Stadt, die von russischen Truppen seit der Invasion vom Februar gehalten wird. Eine Schlacht um das Stadtgebiet könnte einer der schwersten seit Kriegsbeginn werden.

Krieg in der Ukraine: Sorge um Kachowka-Staudamm

Zuletzt hatten beide Seiten auch die Sorge geäußert, der Kachowka-Staudamm oberhalb der Stadt könne von der jeweils anderen Kriegspartei zerstört werden. Bei einer Flutwelle nach einem Bruch des Sperrwerks werden katastrophale Folgen für den Süden des Landes erwartet.

Nach ukrainischen Angaben vom Samstag griffen russische Streitkräfte am Samstag erneut kritische Infrastruktur an. „Sie wollen unserer Bevölkerung im Winter den Strom, das Wasser und die Heizung wegnehmen“, sagte Ministerpräsident Denys Schmyhal der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

„Sie wollen die Ukraine in eine humanitäre Katastrophe stürzen und unsere Gesellschaft destabilisieren, um zwei Ziele zu erreichen: Erstens haben sie die Illusion, dass unsere Gesellschaft uns dann zur Kapitulation drängen wird. Zweitens: Sie wollen eine neue Flüchtlingskrise in der EU. Denn wenn es in der Ukraine keinen Strom, keine Heizung, kein Wasser mehr gibt, kann das einen neuen Migrationstsunami auslösen.“

Die Ukraine brauche vor allem Flugabwehr, sagte Schmyhal. Deutschland habe das System Iris-T geliefert, das insbesondere im Raum Kiew „schon sehr, sehr viele Menschenleben“ gerettet habe.

Die Ukraine warte ungeduldig auf die nächste Munitionslieferung und auf das nächste System. „Es geht buchstäblich um Tage. Die Russen setzen jeden Tag zwanzig bis dreißig iranische Kamikaze-Drohnen gegen uns ein.“ Die Ukraine brauche daher auch spezielle Abwehrmittel wie etwa Störsender. (AFP)

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