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Rita Wright ist eine der Betroffenen der "Stolen Generation".

© Loren Elliott/Reuters

47.000 Euro für die „Stolen Generations“: Australien zeigt Reue und entschädigt Indigene

Zwischen 1910 und 1970 wurden in Australien Tausenden Ureinwohnern ihre Kinder weggenommen. Jetzt kündigt Premier Scott Morrison Wiedergutmachung an.

Australische Ureinwohner haben sich erleichtert gezeigt, nachdem die Regierung Wiedergutmachung für Menschenrechtsverletzungen angekündigt hatte. Ab März 2022 können Aborigines der so genannten „Stolen Generations“ (gestohlenen Generationen) einen Antrag stellen und eine einmalige Zahlung von 75.000 australischen Dollar (47.000 Euro) erhalten, wie Premierminister Scott Morrison am Donnerstag zugesagt hatte.

„Ich habe gleichzeitig geweint und gelacht“, sagte die 78-jährige Eileen Cummings am Freitag dem australischen Sender ABC. Viele Aborigines hätten sehr lange für diesen Tag gekämpft. Cummings war als Vierjährige aus dem Siedlungsgebiet Arnhemland ihren Eltern weggenommen und auf die Insel Croker Island in eine methodistische Mission gebracht worden. Der Staat hatte zwischen 1910 und 1970 die Kinder von Tausenden Aborigines entführt, um sie in Heimen und christlichen Missionen nach den Vorstellungen weißer Einwanderer „umzuerziehen“.

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Insgesamt will die Regierung nun rund 378 Millionen australische Dollar (236 Millionen Euro) bereitstellen. „Das Trauma, das ich alleine und ohne meine Familie ertragen musste, war hart. Ich kämpfe noch heute damit“, sagte der 79-jährige Hal Hart, der mit zehn Jahren seiner Mutter weggenommen wurde. Er bezeichnete die Wiedergutmachungen als „Triumph für meine Mutter, damit der Schmerz, den sie erleiden musste, anerkannt wird.“

Morrison hatte gesagt, er habe sich Anfang des Jahres mit Betroffenen unterhalten und zugesagt, sich mit dem Thema zu befassen, sagte Morrison. „Heute erfüllen wir diese Verpflichtung mit praktischen Maßnahmen, die sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Überlebenden von Stolen Generations, ihrer Familien und Gemeinschaften auswirken werden.“ Der Minister für indigene Angelegenheiten, Ken Wyatt, wertete das Programm als großen Schritt in Richtung Versöhnung und Heilung.

Interessenvertreter der Ureinwohner sprachen von einem „sehr emotionalen“ Tag. „Es war ein sehr langer Kampf, um dieses Stadium zu erreichen“, zitierte der australische Sender ABC die Leiterin der „Stolen Generations Aboriginal Corporation“ der Region Northern Territory, Maisie Austin. „Viele von uns hätten nie gedacht, dass dieser Tag kommen würde.“

Neben der Geldzahlung bekommen die Betroffenen die Möglichkeit, auf Wunsch vertraulich, ihre Geschichte einem leitenden Beamten der Regierung zu erzählen, diese anerkennen zu lassen und eine persönliche oder schriftliche Entschuldigung für ihre Entführung und das daraus resultierende Trauma zu erhalten.

Bei den Leidtragenden handelte es sich oft um gemeinsame Kinder von Aborigines und Europäern, die ihren Eltern buchstäblich entrissen wurden und sich heute weder in der weißen Kultur noch in der Kultur der Ureinwohner heimisch fühlen. Zwischen zehn und 30 Prozent der indigenen Bevölkerung waren Schätzungen zufolge davon betroffen. Als eine der Folgen gilt unter anderem ein erhöhter Drogen- und Alkoholmissbrauch bei den „Stolen Generations“ und ihren Nachkommen. (dpa)

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