zum Hauptinhalt
Demonstrierende in der chinesischen Hauptstadt Peking halten leere Papiere hoch.

© Ng Han Guan/AP/dpa

Update

BBC-Reporter festgenommen und misshandelt: China löscht Beiträge über landesweite Demos

Bei den Protesten gegen die Null-Covid-Politik reagiert Chinas rigoros. Offenbar trifft dies auch ausländische Journalisten. Derweil steigen die Corona-Fallzahlen weiter.

Stand:

Als Reaktion auf die zunehmenden Proteste in China haben die staatlichen Behörden am Montag offenbar sämtliche Berichte dazu in chinesischen Online-Netzwerken gelöscht. Suchbegriffe zu zentralen Orten der Proteste wie „Liangma River“ in Peking und „Urumqi Road“ in Shanghai wurden nun auf der Twitter-ähnlichen Online-Plattform Weibo entfernt. Auch Videos, die Studenten bei Protesten und Kundgebungen in anderen Städten zeigen, verschwanden aus dem Onlinedienst WeChat. Sie wurden durch Hinweise ersetzt, wonach der Inhalt wegen „nicht konformer oder sensibler Inhalte“ gemeldet worden sei.

Die staatliche Zeitung „People’s Daily“ veröffentlichte am Montagmorgen einen Kommentar, in dem sie vor „Lähmung“ und „Kampfmüdigkeit“ im Kampf gegen die Corona-Pandemie warnte, ohne jedoch ein Ende der rigiden Politik zu fordern. Die Menschen hätten jetzt „einen Siedepunkt erreicht, weil es keine klare Richtung gibt, um die Null-Covid-Politik zu beenden“, sagte Alfred Wu Muluan, ein chinesischer Politikexperte von der Universität Singapur, der Nachrichtenagentur AFP. Die Partei habe „die Wut des Volkes unterschätzt“.

Der Unmut im Volk richtet sich gegen die strikten Maßnahmen der chinesischen Null-Covid-Politik wie wiederholte Lockdowns, Massentests und Zwangsquarantäne. Die Wut hatte sich in den vergangenen Tagen in landesweiten Protesten entladen. Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur hielten viele Demonstranten unbeschriebene weiße Blätter hoch. Es wurden Parolen wie „Hebt den Lockdown auf“ und „Wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit“ gerufen.

Protestmärsche gab es auch in anderen Millionenstädten wie Shanghai, Chengdu, Chongqing, Wuhan, Nanjing und Guangzhou. Auch an Hochschulen wie der Tsinghua-Universität in Peking regt sich Unmut.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Bei der größten Protestwelle seit Jahrzehnten in China sind in den vergangenen Tagen zahlreiche Menschen festgenommen worden. Die Demonstrationen vom Wochenende dauerten in vielen Städten bis in die Nacht zum Montag an. Noch in den frühen Nachtstunden ging ein Großaufgebot der Polizei in der Hauptstadt Peking gegen Hunderte protestierende Menschen nahe dem Diplomatenviertel vor.

Nach Angaben eines Journalisten der Nachrichtenagentur AFP nahm die Polizei am Montag zwei Demonstranten in Shanghai fest. Auf die Frage, warum eine der Personen abgeführt wurde, antwortete ein Polizist der AFP: „Weil er sich nicht an unsere Anweisungen gehalten hat.“ Polizisten nahmen demnach auch Menschen beiseite und wiesen sei an, Fotos von ihren Handys zu löschen. Wie viele Menschen bislang bei den landesweiten Protesten festgenommen wurden, ist unklar. In China herrschte praktisch eine Nachrichtensperre.

BBC-Reporter offenbar festgenommen und misshandelt

Am Montagmorgen teilte die BBC mit, einer ihrer Journalisten sei bei der Berichterstattung über die Proteste in Shanghai von der Polizei festgenommen und geschlagen worden. „Die BBC ist extrem besorgt über die Behandlung unseres Journalisten Ed Lawrence, der festgenommen und in Handschellen gelegt wurde, während er über die Proteste in Shanghai berichtete“, sagte ein Sprecher des britischen Senders.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Lawrence sei bei der Festnahme von Polizisten geschlagen und getreten worden, obwohl er eine Akkreditierung als Journalist habe. Erst Stunden später sei er wieder freigelassen worden. Von den chinesischen Behörden habe die BBC bislang keine offizielle Erklärung oder Entschuldigung erhalten, hieß es weiter.

Es sind die größten Proteste in China seit der Demokratiebewegung 1989, die das Militär am 4. Juni jenes Jahres blutig niedergeschlagen hatte. Auslöser der seltenen öffentlichen Unmutsbekundungen war ein Wohnungsbrand in der Metropole Ürümqi in Xinjiang in Nordwestchina am Donnerstagabend mit mindestens zehn Toten. Viele äußerten den Verdacht, dass die Rettungsarbeiten durch die strengen Corona-Maßnahmen behindert worden seien.

Erneuter Fallzahl-Höchststand trotz Null-Covid-Politik

Durch die extrem rigiden Maßnahmen der Behörden im Kampf gegen das Coronavirus nimmt der Unmut in der Bevölkerung seit Wochen immer mehr zu. Viele Millionenstädte sind weitgehend lahmgelegt. Die Menschen stören sich an ständigen Tests, Ausgangssperren, Zwangsquarantäne, lückenloser Überwachung durch Corona-Apps und Kontaktverfolgung, mit denen die Behörden versuchen, die sich leicht verbreitenden Omikron-Varianten des Virus in den Griff zu bekommen.

Schon bei einzelnen Infektionen oder Verdachtsfällen werden ganze Wohnblöcke und Wohnanlagen abgeriegelt. Verärgerte Bewohner rissen in Peking und anderswo errichtete Absperrungen nieder. In der Hauptstadt sind Geschäfte, Restaurants und Schulen geschlossen. Ein Fünftel der zweitgrößten Volkswirtschaft und damit Hunderte Millionen Menschen dürften landesweit von Lockdowns betroffen sein, schätzen Experten. Viele Unternehmen stoßen an ihre Grenzen. Beschäftigte und gerade Wanderarbeiter müssen häufig schmerzhafte Lohneinbußen hinnehmen.

China ist die letzte große Volkswirtschaft, die eine sehr strenge Null-Covid-Politik verfolgt. Trotz des rigorosen Vorgehens gegen das Virus wird das Milliardenvolk gegenwärtig von der schlimmsten Corona-Welle seit Beginn der Pandemie vor knapp drei Jahren heimgesucht. Die Gesundheitskommission meldete am Montag mit rund 40.000 Neuinfektionen wieder einen Höchststand im Land. In Peking waren es knapp 3900 Fälle. (AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })