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„Beherrscht nicht einmal das Regierungshandwerk“: Ricarda Lang rechnet mit schwarz-roter Koalition ab
In der Merz-Regierung herrsche Chaos, beklagt die Grünen-Politikerin. Besonders scharfe Kritik übt sie an Wirtschaftsministerin Reiche: Diese agiere wie eine Lobbyistin.
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Die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang wirft der schwarz-roten Koalition von Bundeskanzler Friedrich Merz vor, „nicht einmal das Regierungshandwerk“ zu beherrschen. Der „Zeit“ sagte sie: „Viele haben gedacht: Da tun sich zwei Parteien zusammen, die mehrere Jahrzehnte an Regierungserfahrung auf dem Buckel haben – dann gibt es wenigstens so was wie Stabilität und Ruhe. Aber da herrscht Chaos.“
Bei den anhaltenden Streitereien in der Koalition fühle sie sich an die Zeit der Ampel-Regierung erinnert. Auch wenn CDU, CSU und SPD nun versuchen würden, Einigkeit zu demonstrieren, würden grundlegende Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern nicht verschwinden. „Ich kann aus meiner Erfahrung sagen: Solange die politischen Konflikte nicht gelöst sind, hilft auch kein Duzen, kein Selfie oder Karaoke.“
„Regenbogenflaggen oder Gendern – das sind doch Ablenkungsmanöver“
Lang sieht dabei auch ein grundlegendes Problem in der herrschenden politischen Kultur. Statt Verbesserungen im Lebensalltag der Menschen dominierten „Empörungsdebatten“ die Öffentlichkeit. „Regenbogenflaggen oder Gendern – das sind doch Ablenkungsmanöver“, kritisierte sie.
„Die Menschen haben das Gefühl, dass sich niemand um ihre eigentlichen Probleme kümmert. Der Frust bleibt, der Hass steigt. Feindbilder und Symboldebatten sind gewollt und verfolgen ein Ziel. Das sollten wir nicht überspielen.“ Deutschland habe mit der maroden Infrastruktur und wachsender Ungerechtigkeit „sehr reale Probleme“. Der Kulturkampf sei ein Mittel politischer Akteure, sich dieser Probleme nicht anzunehmen, „zum Beispiel, weil sie bestimmte ökonomische Interessen schützen möchten“, so Langs Vorwurf.
Als ein konkretes Problem, das von der aktuellen Regierung stiefmütterlich behandelt werde, sieht Lang auch die Klimapolitik. Dabei übt sie besonders scharfe Kritik an Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), der sie Lobbyismus vorwirft. „Die Gaslobby will mit fossilen Energien weiter Milliarden machen. Mein Eindruck ist, dass sich insbesondere Katherina Reiche nicht primär als Wirtschaftsministerin, sondern als deren Hauptvertreterin versteht.“
Insgesamt gehe unter Kanzler Merz genauso wie schon unter Olaf Scholz die „Realitätsverweigerung“, auch bei Themen wie der Verteidigungspolitik und der Rente, weiter. „Die Botschaft ist doch schon wieder: Es muss sich nichts ändern. Muss es doch!“ (jmi)
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