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Update

Bericht zum Anschlag: V-Mann fuhr Attentäter mindestens einmal nach Berlin

Der Attentäter von Berlin hatte offenbar engeren Kontakt zu einem V-Mann aus NRW. Die Union zeigt sich offen für einen Untersuchungsausschuss im Fall Amri.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Frank Jansen

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Der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, hatte laut einem Bericht des "Spiegel" offenbar engere Kontakte zu einem islamistischen V-Mann des Landesverfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen. Demnach soll der V-Mann den späteren Attentäter mindestens einmal nach Berlin gefahren haben.

Der in mehreren Medienberichten geäußerte Verdacht, Anis Amri sei V-Mann einer Sicherheitsbehörde gewesen, scheint sich nicht zu bestätigen. Der Attentäter habe weder für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz noch für eine andere Behörde in Ländern und Bund gespitzelt, sagten Sicherheitskreise dem Tagesspiegel.

Die CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen hat in einer Anfrage an die Landesregierung unter anderem Auskunft zu einer möglichen V-Mann-Tätigkeit des Tunesiers gefordert. Innenminister Ralf Jäger (SPD) will sich dazu kommende Woche im Landtag äußern. Der CDU-Fraktion erscheint merkwürdig, dass im November 2016 in Nordrhein-Westfalen mehrere Mitglieder einer Gruppe mutmaßlicher Unterstützer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) festgenommen wurden, Amri aber nicht – obwohl er in Verbindung zu der Zelle um den Hassprediger Abu Walaa stand.

Zwölf Menschen waren in Berlin gestorben

Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung sagte, Amri sei kein V-Mann des Landesverfassungsschutzes gewesen. "Er war kein V-Mann", sagte am Samstag ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf. Der 24 Jahre alte Tunesier war von mehreren Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Dennoch war es ihm möglich, am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt zu steuern und zwölf Menschen zu töten.

Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ist bereit, den Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz in einem Untersuchungsausschuss aufarbeiten zu lassen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte am Samstag am Rande der CDU-Vorstandsklausur im Saarland, er sei für ein solches Vorgehen "offen" und wolle darüber mit SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprechen. Einen Sonderermittler, wie ihn die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und nach ihr auch Oppermann vorgeschlagen hatten, lehnte der CDU-Politiker hingegen ab. Das sei kein Instrument der parlamentarischen Kontrolle: "Sonderermittler nein, Untersuchungsausschuss aus meiner Sicht möglich." Hinter den unterschiedlichen Vorstellungen von Union und SPD steckt offenkundig auch Kalkül mit Blick auf die Landtagswahl in NRW. Ein Untersuchungsausschuss könnte binnen weniger Wochen die Arbeit aufnehmen, während ein Bericht eines Sonderermittlers über Behördenpannen im Umgang mit dem Attentäter Anis Amri erst lange nach dem Wahltermin im Mai vorliegen würde. Ein erster Bericht der Sicherheitsbehörden über die Abläufe, erstellt unter Federführung des Bundesinnen- und des Justizministeriums, liegt inzwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor. Nächste Woche wollen sich auch Innen- und Rechtsausschuss des Bundestages mit dem Fall befassen.

Merkel fordert gleiche Standards für alle Bundesländer

Merkel forderte die SPD-regierten Bundesländer auf, ihre Möglichkeiten zur Abwehr von terroristischen Gefahren voll auszuschöpfen. „Wenn wir in einer gemeinsamen Bundesrepublik Deutschland leben, dann müssen wir auch gleiche Sicherheitsstandards in den Ländern haben“, sagte die CDU-Chefin nach einer zweitägigen Vorstandsklausur im Saarland. Es sei nicht vernünftig, wenn etwa in NRW keine Schleierfahndung in Grenznähe erfolge oder die Regeln zur Videokontrolle sich unterschieden. In einem Beschlusspapier bekräftigte die CDU zudem die Forderung, die Sympathiewerbung für Terroristen wieder unter Strafe zu stellen und die Magreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Der Parteivorstand unterstützte auch die Forderung von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der Bundespolizei eine landesweite Schleierfahndung über den 30-Kilometer-Grenzraum hinaus zu ermöglichen. Nicht ausdrücklich erwähnt wird in dem Papier de Maizières Forderung, die Verfassungsschutzämter der Länder dem Bundesverfassungsschutz zu unterstellen. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte aber ihre Länderkollegen auf, auch solche Ideen nicht unter ein "Tabu" zu stellen. Die Bürger hätten Anspruch auf die bestmögliche Sicherheitsstruktur und kein Verständnis dafür, "wenn jeder in seinem Schützengraben steckt". Merkel forderte die CSU auf, den Streit über eine „Obergrenze“ nicht zum Hindernis für einen gemeinsamen Wahlkampf zu machen. "Es ist und bleibt ein Dissens", sagte sie. Die CDU-Spitze sei aber wie sie selbst der Ansicht, "dass man mit diesem Dissens leben kann".

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