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Israel-Reise: Bischöfe wegen Ghetto-Vergleichs weiter in der Kritik

Die umstrittenen Ghetto-Äußerungen katholischer Bischöfe über die Situation der Palästinenser sorgen weiter für Empörung. Gideon Joffe, Chef der Berliner Gemeinde, warf den Bischöfen "Geschichtslegasthenie" vor.

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Berlin - Der Direktor der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem in Jerusalem, Avner Schalev, forderte von der Deutschen Bischofskonferenz eine "Klarstellung". Kritik kam auch vom SPD-Außenexperten Gert Weisskirchen und dem Vorsitzenden der Berliner Jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe.

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke soll am Wochenende bei dem Besuch der deutschen Bischöfe in Israel und den palästinensischen Gebieten gesagt haben: "Morgens in Jad Vashem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto in Ramallah. Da geht einem der Deckel hoch." Der Augsburger Bischof Walter Mixa sprach laut "Süddeutscher Zeitung" von einer "ghettoartigen Situation" - und dass dies "fast schon Rassismus" sei.

Joffe hält Bischöfen "Geschichtslegasthenie" vor

Schalev kritisierte, den Bischöfen sei klar gewesen, dass Juden aus dem Warschauer Ghetto in Konzentrationslager abtransportiert wurden. Er fügte hinzu: "Ich glaube nicht, dass der Vergleich aus Unkenntnis heraus gemacht wurde." Nach Joffes Ansicht haben die Bischöfe angedeutet, "dass Palästinensern das Gleiche drohen könnte wie Juden in Europa während der Nazi-Zeit". Dies zeuge von "Geschichtslegasthenie".

Weisskirchen betonte, Hanke und Mixa verwechselten "Ursache und Wirkung". Er sei "traurig, dass Bischöfe nicht in der Lage sind, zu erkennen, warum Israel sich gezwungen sieht, eine Mauer zu bauen, um dafür zu sorgen, dass der Terror nicht ungehindert nach Israel hineingetragen wird".

Gerster: Vorwürfe sind "unhaltbar und unsinnig"

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Johannes Gerster, rief zu mehr Sachlichkeit auf. Die gegen Israel erhobenen Rassismusvorwürfe seien "unhaltbar und unsinnig". Aber auch die daraufhin erhobenen Antisemitismusvorwürfe seien unberechtigt. Gerster warnte: "Durch diese Art öffentlicher Auseinandersetzung wird das Klima zwischen Juden und Katholiken in Deutschland unnötig vergiftet und die so notwendige sachliche Auseinandersetzung über den Nahost-Konflikt und seine Ursachen erschwert."

Wichtig sei, dass sich die Deutsche Bischofskonferenz durch ihren Vorsitzenden Karl Lehmann eindeutig und klar zu Israel bekannt habe. Zudem hätten die beiden Bischöfe "ihre zu Recht angreifbaren Vergleiche und Stellungnahmen korrigiert und klargestellt". Gerster mahnte: "Das sollte man akzeptieren und nicht ständig neu aufwärmen."

Graumann: Bischöfe haben nichts gelernt

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, hatte kritisiert, wer die Lage der Palästinenser mit dem Leiden der Juden in den Ghettos der Nazis gleichsetze, habe aus der Geschichte nichts gelernt. Eine solche Äußerung habe "antisemitischen Charakter".

Unterstützung bekamen Hanke und Mixa von der Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden Heinz Galinski, Evelyn Hecht-Galinski. Es sei deren "Pflicht" gewesen, die Zustände in Ramallah anzuprangern. Sie nannte es "empörend", den Bischöfen Antisemitismus vorzuwerfen. (tso/ddp)

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