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Politik: "Bodentruppen mit Deutschen verfassungswidrig"

BERLIN .Die NATO-Luftangriffe auf serbische Ziele sind nach Ansicht des Berliner Justiz-Senators Ehrhart Körting auch ohne ausdrückliches UN-Mandat völkerrechtlich voll gedeckt, solange sie der Verhinderung der Vertreibung dienen: durch die Anti-Völkermord-Konvention von 1948.

BERLIN .Die NATO-Luftangriffe auf serbische Ziele sind nach Ansicht des Berliner Justiz-Senators Ehrhart Körting auch ohne ausdrückliches UN-Mandat völkerrechtlich voll gedeckt, solange sie der Verhinderung der Vertreibung dienen: durch die Anti-Völkermord-Konvention von 1948.Allerdings sei der Einsatz von Bodentruppen, um die Vertreibung rückgängig zu machen, nach dieser Argumentationslinie völkerrechtswidrig und damit für Deutschland verfassungswidrig, sagte Körting dem Tagesspiegel.Bereits die Vertreibung der Kosovo-Albaner sei nach der Konvention Völkermord, betonte der Justiz-Senator: "nicht erst die Ausrottung, sondern bereits die Tötung von Mitgliedern einer nationalen oder ethnischen Gruppe, aber auch schon die Verursachung von schweren körperlichen oder seelischen Schäden wie auch die Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen".Die NATO brauche zur Rechtfertigung ihrer Luftangriffe kein ausdrückliches Mandat des UN-Sicherheitsrats, dessen Fehlen immer wieder kritisiert werde.Sie könne sich darauf berufen, daß die Völkermord-Kriterien der Konvention erfüllt sind.Das berechtige die Staaten nicht nur zum Waffeneinsatz, sondern verpflichte sie sogar dazu, den Völkermord durch Nothilfe zu verhindern.Der Internationale Gerichtshof habe festgestellt, daß Völkermord, Sklaverei und Rasssendiskriminierung zu solchen Verboten von besonderem Gewicht gehören.

Problematisch ist allerdings laut Körting, daß solche Nothilfe nicht mehr zulässig sei, wenn sich das Ziel, die Verhinderung des Völkermords, nicht mehr erreichen lasse.Ein Kampfeinsatz von Bodentruppen, um die Vertreibung zu verhindern, wäre im Sinne der Nothilfe zulässig.Ein Kampfeinsatz, um die Vertreibung rückgängig zu machen und die vertriebenen Albaner wieder im Kosovo anzusiedeln, dagegen nicht, weil die Nothilfe-Situation nicht mehr gegeben sei.Damit sei der von der NATO geplante Bodentruppen-Einsatz ohne ein ausdrückliches UN-Mandat völkerrechtswidrig, die Teilnahme von Bundeswehr-Soldaten mithin verfassungswidrig, weil das Grundgesetz das Völkerrecht zum Bestandteil des deutschen Rechts mache.

"Solange es Albaner im Kosovo gibt, darf die NATO Bodentruppen schicken.Sobald alle vertrieben sind, nicht mehr.Das ist die grausame Logik der Völkermord-Konvention", betont Körting."Rückeroberung fällt nicht unter Nothilfe." Dann bleibe nur, den Internationalen Gerichtshof anzurufen.Wegen des Gewaltverbots der UN-Charta habe die NATO ohne UN-Mandat und ohne Nothilfe-Argumentation kein Recht, Serbien anzugreifen.

Die "Rückeroberung" des Kosovo könne nach vollständiger Vertreibung der Albaner nur auf diplomatischem Weg geschehen, sagt Körting - "auch wenn das ein langer Weg wird, dem Völkerrecht durch politischen und wirtschaftlichen Druck zum Erfolg zu verhelfen." Doch wenn die NATO das Völkerrecht ignoriere, dann "öffnet sie eine Pandora-Büchse, die sie nicht mehr schließen kann."

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