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Die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien im Bundestag: Rolf Mützenich (SPD, l.) und Ralph Brinkhaus (CDU).

© Kay Nietfeld/dpa

Brinkhaus und Mützenich sind machtlos: Die Regierungsfraktionen lassen so ziemlich alles vermissen

Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD haben die in sie gesetzten Hoffnungen enttäuscht. So haben sie nicht mal Reserve-Kanzlerformat. Ein Kommentar.

Die ganze Kritik an der Machtlosigkeit des Parlaments, immer wiederkehrend – die ist auch ein Stück wohlfeil. Hängt sie doch maßgeblich damit zusammen, dass unter Ralph und Rolf, unter Brinkhaus und Mützenich, die zahlenmäßig großen, die Regierung tragenden Fraktionen CDU/CSU und SPD so ziemlich alles vermissen lassen, was sie groß machen könnte. Namentlich Selbstbehauptung und Eigeninitiative.

Dass die Fraktionen die Regierung treiben? Dass sie Gesetzentwürfe aus ihrer Feder vorlegen, die der Regierung vormachen, wie es geht, schon gar in Krisen? Nicht erinnerlich.

Nicht einmal in Zeiten der Pandemie kam ein starkes inhaltliches Zeichen, gesammelt, vereint, zustande. Kein Wunder, dass Angela Merkel als noch zehn Monate amtierende Bundeskanzlerin durchregieren will und kann. Soll sie warten? Worauf?

Dass die Fraktionen dadurch in der Öffentlichkeit nicht als solche wahrgenommen werden, höchstens einzelne Abgeordnete, die da ihre Chance zur Eigenprofilierung erkennen, ist nicht der Regierung zuzuschreiben.

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Wirtschaftsexperte Brinkhaus wurde Unionsfraktionschef, weil sich mit ihm die Erwartung verband, dass er stärker auf die Bedeutung der Fraktion achtet und hinwirkt als sein Vorgänger Volker Kauder. Das war Auftrag und Wahlgrund. Nur: Brinkhaus ist in der Wirkung eben nicht stärker, sondern schwächer als Kauder. Der war vor allem Merkels Prätorianer, aber darin wirkungsvoll und hatte so Einfluss auf die Kanzlerin.

Brinkhaus ist nicht nur kein wirkungsvoller Prätorianer, er hat auch sonst keinen Einfluss. Wer nimmt ihn ernst? Die Kanzlerin nicht. Dabei sollen Fraktionschefs in einer parlamentarischen Demokratie im Grunde immer auch potenzielle Kanzler sein. „Kanzlermaterial“, wie es die große „Zeit“-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff einmal nannte.

Personal kann Mützenich augenscheinlich nicht

Sozialdemokrat Helmut Schmidt war schon in diesem Amt so einer. Was wiederum den Blick auf den aktuellen SPD-Fraktionschef Mützenich lenkt. Der wird allseits wegen seiner Umgangsformen sehr geschätzt. Er kann auch Außenpolitik, aber, wie seine Kritiker bemängeln, nur die und nur linke. Personal kann Mützenich zum Beispiel augenscheinlich nicht.

Was aber für die Selbstachtung der Fraktion und der einzelnen Abgeordneten wichtig ist: Das Gezerre um den Wehrbeauftragten, den Bundestagsvizepräsidenten etwa wird als unglücklich bis unwürdig empfunden.

Die in „Mütze“ gesetzten Hoffnungen waren größer, als es die Ergebnisse jetzt sind. Umso größer können am Ende die Enttäuschungen sein. Und nichts ist in der Politik schlimmer als enttäuschte Hoffnungen. Zu beweisen, dass sie auch nur annähernd Reserve-Kanzlerformat haben, bleibt Mützenich und Brinkhaus nicht mehr viel Zeit. In zehn Monaten läuft nicht nur für die Kanzlerin die Zeit ab – auch über beide Fraktionsvorsitzende kann sie hinweg gehen.

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