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Politik: BSE: Bayern plant Tests auf Tiermehl im Kraftfutter

Zum Schutz vor BSE können Bauern in Bayern Kraftfutter für Rinder möglicherweise schon bald kostenlos auf Rückstände von Tiermehl testen lassen. Die bayerische Staatsregierung denkt nach den Worten von Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) darüber nach, diese freiwilligen Tests anzubieten und die Kosten dafür zu übernehmen.

Zum Schutz vor BSE können Bauern in Bayern Kraftfutter für Rinder möglicherweise schon bald kostenlos auf Rückstände von Tiermehl testen lassen. Die bayerische Staatsregierung denkt nach den Worten von Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) darüber nach, diese freiwilligen Tests anzubieten und die Kosten dafür zu übernehmen. "Wir möchten, dass jeder Bauer die Möglichkeit hat festzustellen, ob Tiermehl in dem Futter enthalten ist", sagte Stoiber am Sonnabend beim Besuch eines von BSE betroffenen Bauernhofs in Sulzberg im Oberallgäu. Dort hatte sich am vergangenen Wochenende der erste BSE-Fall in Bayern bestätigt. Die 84 Rinder des Betriebs wurden mittlerweile getötet. Am Nachmittag besuchte Stoiber auch einen von BSE betroffenen Hof im Landkreis Cham in der Oberpfalz. Hier war bei einem vier Jahre alten Rind ebenfalls Rinderwahnsinn nachgewiesen worden. Vier der fünf BSE-Fälle, die an in Deutschland geborenen Rindern festgestellt wurden, betreffen Tiere aus Bayern, ein Fall Schleswig-Holstein.

Verunsicherung in der Landwirtschaft

Stoiber sagte, da das Tierfutter zum Teil aus dem Ausland komme, seien Verunreinigungen nicht auszuschließen. Zunächst müssten aber die Kapazitäten für die Tests geschaffen werden. Oberste Priorität muss nach den Worten des Ministerpräsidenten die Forschung über BSE haben. "Wir wissen eindeutig zu wenig über BSE", sagte Stoiber. Nur durch intensive Forschung könnten die Übertragungswege der Krankheit geklärt werden. Dies dürfe nicht am Geld scheitern. Stoiber kritisierte das Vorgehen der EU-Kommission. Deren Vorwürfe an der bayerischen Futtermittelkontrolle seien öffentlich bekannt geworden, ohne dass die Staatsregierung bislang einen Bericht erhalten habe.

Etwa 400 Landwirte hatten den bayerischen Ministerpräsidenten mit Protesten empfangen. Auf Transparenten forderten die Bauern den Rücktritt der bayerischen Minister für Landwirtschaft, Josef Miller, und Gesundheit, Barbara Stamm, sowie von Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Das hatte zuvor auch die Opposition gefordert. Stoiber wies diese Forderungen zurück.

Unterdessen wurde auch der Viehbestand eines weiteren BSE-Bauernhofes in Rottenbuch in Oberbayern getötet. Wie der Veterinärdirektor im Kreis Ostallgäu, Hans Ludwig, bestätigte, wurden die 35 Kühe am Freitag in einer Tierkörperverwertungsanlage getötet und verbrannt.

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) sieht sich unterdessen wegen Versäumnissen bei der Bewältigung der BSE-Krise weiter in der Kritik. Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Christian Bär, sagte am Sonnabend im Berliner InfoRadio, die Unsicherheit in der Forschung über die Ursachen des Rinderwahnsinns und der "etwas peinlich wirkende Aktionismus" der Ministerin hätten zu einer hohen Verunsicherung "auch in Bereichen der Landwirtschaft" geführt. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller sagte der "Westdeutschen Zeitung", gerade bei einer Politikerin der Grünen hätte man sich "einen sensibleren Umgang mit Verbraucherfragen gewünscht". Die Vorsorge sei nicht umfangreich genug getroffen worden.

Funke schließt Rücktritt aus

Fischers Gesundheits-Staatssekretär Erwin Jordan (Grüne) wandte sich gegen "Legendenbildungen". Das Gesundheitsressort müsse "Dinge ausbaden, für die andere verantwortlich sind", sagte Jordan der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Bauern-Vizepräsident Bär verteidigte in dem Interview den Präsidenten der Organisation, Gerd Sonnleitner, gegen Vorwürfe der Verharmlosung von BSE. Dieser habe auf der Basis der Erkenntnisse aus Wissenschaft und Politik agiert. "Das wir Bauern ebenso wie die Verbraucher hier die Betrogenen sind, wird jetzt augenscheinlich."

Vertreter des Gesundheitsministeriums und der deutschen Fleischindustrie hatten am Freitag bei einem Treffen in Bonn vereinbart, die fraglichen Produkte in Deutschland, der Europäischen Union und Drittländern aus dem Handel zu nehmen und auch aus den Lagern zurückzurufen. Dabei geht es um Produkte, in denen so genanntes Separatorenfleisch enthalten sein könnte. Dieses maschinell vom Rückgrat der Schlachttiere getrennte Fleisch gilt bei Experten als BSE-anfällig, weil sich darin Splitter des Rückgrats befinden könnten. Bei BSE-infizierten Tieren konzentrieren sich Erreger unter anderem im Rückenmark.

Durch die Versäumnisse, die seit Tagen angeprangert werden, ist neben Ministerin Fischer auch Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) unter Druck geraten. Seit Tagen stößt er bei der Opposition und auch in der rot-grünen Koalition auf Kritik. Funke schloss am Freitagabend im NDR allerdings einen Rücktritt aus. Er räumte jedoch Fehler ein. Hätte er eher von der laschen Überwachung der Futtermittelproduktion durch die Behörden erfahren, hätte er schon früher eine Verfütterung des Tiermehls verboten.

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