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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterwegs im Plenum des Deutschen Bundestag bei der 212. Sitzung des Deutschen Bundestag in Berlin.

© IMAGO/Political-Moments/imago

Bundeskanzler nennt Chialo „Hofnarr“: Im Scholz-Universum hat Scholz immer Recht

Was sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Party in Berlin geleistet hat, ist unmöglich. War es Rassismus oder nicht? Es lohnt ein genauer Blick auf die Fakten.

Stefanie Witte
Ein Kommentar von Stefanie Witte

Stand:

Im angeblichen Rassismus-Skandal rund um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) überboten sich viele in schneller, harscher Kritik. Fakten? Nachrangig! Im Wahlkampf ist eine mögliche rassistische Beleidigung des Kanzlers eine Steilvorlage.

Dabei lohnt ein Blick auf das Wer, Was und Wo. Das „Wo“ ließ sich schnell klären: Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien trafen sich beim Geburtstag des einflussreichen Unternehmers Harald Christ. An das „Wer“ erinnerten sich angeblich Beteiligte zunächst unterschiedlich. Und auch das „Was“ lässt sich nur scheibchenweise zusammensetzen.

Nachdem sich der Staub gelegt hat, scheint Folgendes klar zu sein: Scholz hat den Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) als „Hofnarren“ bezeichnet. Chialo selbst spricht auch vom Begriff „Feigenblatt“. Diejenigen, die am nächsten dran waren, also Chialo, Scholz und offenbar Bild-Reporter Paul Ronzheimer, sprechen allerdings alle drei nicht von einer rassistischen Beleidigung.

Chialo sagt, er habe die Wortwahl des Kanzlers als „herabwürdigend und verletzend“ empfunden. Für ihn sei die Angelegenheit nach einem Telefonat mit Scholz jedoch erledigt. Er halte den Kanzler nicht für einen Rassisten.

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Hat Scholz nun tatsächlich gemeint, Chialo sei in Sachen Liberalismus ein Feigenblatt für seine Partei? Das mag so sein. Er sei kein Rassist, so Scholz über sich selbst. Der erhobene Vorwurf sei absurd und künstlich konstruiert. Selbst in diesen Worten wirkt Scholz noch so wütend wie offenbar am besagten Abend. Man könnte auch sagen: selbstgerecht.

Aber: Die konkreten Worte sind mit Blick auf eine mögliche rassistische Interpretation mindestens extrem unsensibel. Und einen Eindruck kann Scholz nicht entkräften: Da spricht jemand, der sich im Recht wähnt, statt sich für eine offensichtliche Beleidigung zu entschuldigen. Er habe den Begriff „Hofnarr“ schon mehreren Menschen gegenüber verwendet, erklärte Scholz, um den Rassismus-Vorwurf zu entkräften.

Er, der Kanzler, hält es also für unproblematisch, andere derart herabzuwürdigen? Immerhin dienten Hofnarren im Mittelalter Herrschern, denen sie ausgeliefert waren. Und so ergibt das Vokabular vielleicht eher umgekehrt Sinn: Im Scholz-Universum hat Scholz immer Recht, macht keine Fehler und muss sich folgerichtig weder entschuldigen noch in Hintergrund- oder in vermeintlichen Privatgesprächen besonders respektvoll auftreten.

Dieser Gestus ist unangemessen, nicht nur für einen Bundeskanzler. In diesen Tagen dürfte sich so mancher in der SPD sehnsüchtig an Boris Pistorius erinnern. Doch für diese Diskussion ist es endgültig zu spät.

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