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Politik: Bundestagspräsident Thierse will MfS-Material nicht verwenden lassen

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat sich gegen eine Verwendung von Material aus Stasi-Akten im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre ausgesprochen. "Das ist rechtswidrig erworbenes Wissen und darf deshalb nicht vor Gericht, und eben auch nicht im Ausschuss verwendet werden", sagte Thierse im Sender n-tv.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat sich gegen eine Verwendung von Material aus Stasi-Akten im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre ausgesprochen. "Das ist rechtswidrig erworbenes Wissen und darf deshalb nicht vor Gericht, und eben auch nicht im Ausschuss verwendet werden", sagte Thierse im Sender n-tv. Thierse deutete an, dass die Aussageverweigerung von Zeugen auf Grund der öffentlichen Diskussion wohl nicht durchzuhalten sei. Der Druck auf die damaligen CDU-Finanzexperten Horst Weyrauch und Uwe Lüthje, ihr Schweigen zu brechen, werde stärker.

Der FDP-Ausschussvertreter Max Stadler forderte, dass Zeugen, die die Aussage verweigerten, auf Grund der jüngsten Erkenntnisse noch einmal vernommen werden sollten. Der Chef der Behörde für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, ermahnte dazu, vorsichtig mit der parteipolitischen Auswertung des Stasi-Materials zu sein. Gauck wies darauf hin, dass das Stasi-Unterlagengesetz nicht nur Opfern dienen, sondern auch Zugang zu Informationen von Personen der Zeitgeschichte ermöglichen solle.

Der Sprecher der Behörde, Johann Legner, sagte dem Tagesspiegel, dass die Veröffentlichung von Stasi-Protokollen "sowohl mit der gesetzlichen Grundlage vereinbar, als auch insgesamt geboten" gewesen sei. Die Öffentlichkeit habe ein "Zugangsrecht zu den geheimen Informationen", ergänzte Legner. Die Diskussion um die MfS-Arbeit im Westen werde aus Sicht der Behörde "intensiv andauern". Das gelte besonders, wenn die in die USA gebrachten HVA-Dateien an die Gauck-Behörde überführt würden. Bisher sei dies nicht geschehen. "Wir warten auf die Mitteilung des Innenministeriums", sagte Legner. Als Termin dafür war ursprünglich Ende März genannt worden.

Stasi-Akten spielen seit Jahren vor bundesdeutschen Gerichten eine große Rolle. Die Anklage gegen Ex-DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker 1992 stützte sich zum Teil ebenso auf MfS-Aufzeichnungen wie auch die Verurteilung zahlreicher DDR-Spione im Ausland. Auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben sich auf MfS-Dokumente gestützt, etwa der Ausschuss, der die Machenschaften des DDR-Außenhandelsimperiums "Kommerzielle Koordinierung" unter die Lupe nahm.

Die Frage, ob MfS-Abhörprotokolle verwertet werden dürfen, spielte einst im Kieler Untersuchungsausschuss eine Rolle, der von 1993 bis 1995 die "Schubladen-Affäre" der Sozialdemokraten durchleuchtete. Dort ging es um die Beziehungen des einstigen Barschel-Referenten Reiner Pfeiffer zu SPD-Politikern. Die Gauck-Behörde hatte dem Ausschuss auf Anforderung Stasi-Unterlagen überstellt, darunter illegale Telefonabhörprotokolle. Nach Stasi-Unterlagen-Gesetz dürfen Parlamentarische Untersuchungsausschüsse auf MfS-Unterlagen zurückgreifen. Doch im Landtag gab es rechtliche Vorbehalte. Der Ausschuss teilte die Bedenken nicht, musste sich jedoch - nach Einspruch von Björn Engholm und Günter Jansen - dem Votum des Kieler Amtsgerichts beugen. Das erklärte die Verwendung des Materials für unzulässig.

ide, pl

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