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Kampfschwimmer der Marine fahren auf einem Schlauchboot bei einer Übung in Eckernförde (Archiv).

© Carsten Rehder/dpa

Exklusiv

Bundeswehr-Schlauchboote für Eliteeinheit werden knapp: Neue 1000-PS-Maschinen für Kampfschwimmer zu spät bestellt

Die Material-Probleme der Bundeswehr treffen auch die Elite der Kampfschwimmer: Ihnen fehlen Schlauchboote. Jetzt wird auf ungewöhnlichem Weg Ersatz beschafft.

Sie gelten als Geheimwaffe der Bundeswehr: Die Spezialeinheit der Kampfschwimmer kann deutsche Geiseln aus Krisengebieten evakuieren, Schiffe entern, oder auch die Infrastruktur des Gegners gezielt sabotieren. Die letzten Kilometer ihrer Anreise zu den geheimen Zielen legen sie oft in rund 1000-PS starken Festrumpfschlauchbooten zurück.

Doch diese Schlauchboote für die Kampfschwimmern der Bundeswehr werden jetzt knapp. Das geht aus einem Schreiben des Verteidigungsministeriums an den Verteidigungsausschuss hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach sind für das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) künftig neun Festrumpfschlauchboote vorgesehen – aktuell sind es aber nur vier. Und diese sind mitunter 20 Jahre alt.

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Die Bundesregierung plant daher jetzt, vier weitere dieser Boote ohne komplizierteres Vergabeverfahren als Übergangslösung „unverzüglich“ am freien Markt zu kaufen. „Ziel ist die schnellstmögliche Wiederherstellung einer belastbaren Verbringungsmöglichkeit für die Spezialkräfte der Marine“, schreibt Staatssekretär Peter Tauber.

Ab 2021 sollen die ersten neuen Boote da sein. Zur „Sicherstellung der Ausbildung“ sollen demnach außerdem entsprechende Boote gemietet werden.

Die wichtigsten Fakten über die Festrumpfschlauchboote:

  • Leistung von rund 1000 PS
  • Höchstgeschwindigkeit von 35 Knoten
  • Länge von 10,8 Metern
  • Abbremsung auf Null in nur 15 Metern
  • Bis zu vier Waffenstationen

„Die fehlenden Schlauchboote sind ein Paradebeispiel dafür, wie die Bundeswehr sich bei der Beschaffung neuen Materials selbst im Weg steht, wenn gleichzeitig die Alternative für den Kauf auf dem freien Markt zu kaufen ist“, kritisiert die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Die KSM-Mitglieder sind hochmotiviert aber in einem solchem Fall dazu verdammt, über Monate hin gewissermaßen Däumchen zu drehen.“

Ein Sprecher des Marine-Pressezentrums in Rostock versichert indes auf Nachfrage: „Es gibt aktuell kein Problem beim Üben und der Einsatzfähigkeit.“

Die Kampfschwimmer sind die älteste Spezialeinheit der Bundeswehr. Aktuell gibt es rund 300 von ihnen, 600 sollen es einmal werden. Ihre Basis liegt auf dem Marinestützpunkt Eckernförde, direkt an der Ostsee. Die Aufgaben der Kampfschwimmer sind mit denen des Kommandos Spezialkräfte (KSK) des Heeres vergleichbar. Doch anders als beim KSK sind im KSM bisher keine Fälle von Rechtsextremismus bekannt geworden.

Kampfschwimmer bei einer Übung in Eckernförde (Archiv).
Kampfschwimmer bei einer Übung in Eckernförde (Archiv).

© Carsten Rehder/dpa

Die Kampfschwimmer-Ausbildung ist eine der härtesten in der Bundeswehr überhaupt. Im Überlebenslehrgang ist etwa vorgesehen, sich mit selbst gebauter Ausrüstung und von Verfolgern bedrängt allein durchschlagen zu müssen. Die Ausbildung dauert drei Jahre und steht auch Zivilisten ohne militärische Vorbildung offen.

Aktuell bilden deutsche Kampfschwimmer nigrische Spezialkräfte für Einsätze gegen islamistische Terroristen und kriminelle Banden aus. Der Auftrag ist unter dem Namen „Operation Gazelle“ bekannt.

Material der Bundeswehr in desolatem Zustand

Die knappe Anzahl der Boote für die Kampfschwimmer ist auch vor dem Hintergrund der schleppenden Reform der Rüstungsbeschaffung insgesamt zu sehen: Hubschrauber stehen wegen Reparaturstaus am Boden, beim Tornado-Kampfjet fehlen Ersatzteile, U-Boote sind wegen Batterieschäden über fünf Monate nicht einsatzbereit. Kurzum: Das Material der Bundeswehr ist häufig in einem desolaten Zustand. 30 Prozent des sogenannten Großgeräts waren 2018 nicht einsatzbereit.

„Schlauchboote sind nun wirklich nicht das oberste Ende von High-Tech, hier muss kein völlig neues Waffensystem erfunden werden“, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, dem Tagesspiegel.

Die „Bootslücke“ sei ein klassisches Beispiel für die Verkomplizierung einer eigentlich einfach möglichen Beschaffung. „Man könnte sich vielleicht auch an anderen Ländern orientieren, die solche Boote schon für ihr Militär gekauft haben - auf dem freien Markt.“

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