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Frankreich: Chirac sucht mit Villepin einen Neuanfang

Nach dem gescheiterten Referendum zur EU-Verfassung versucht der französische Staatspräsident Jacques Chirac Frankreich aus der Krise zu führen. Als Zeichen für Europa und die deutsch-französische Achse ernennt er Dominique de Villepin zum neuen Premierminister.

Paris (31.05.2005, 15:47 Uhr) - Zwei Tage nach dem klaren Nein der Franzosen zu dem EU-Vertrag nahm Chirac am Dienstag in Paris den Rücktritt von Jean-Pierre Raffarin an und ernannte des 51-jährigen Villepin zu dessen Nachfolger. Raffarin (56) war in seiner dreijährigen Amtszeit immer unpopulärer geworden.

Nach unbestätigten Berichten soll der Chirac-Rivale Nicolas Sarkozy überraschend an die Spitze des Innenministeriums zurückkehren und dennoch Chef der Regierungspartei UMP bleiben. Der beliebte Politiker war nach Umfragen Wunschkandidat der Franzosen für das Amt des Premierministers. Die Zusammenstellung der gesamten neuen Regierungsmannschaft soll an diesem Mittwoch bekannt gegeben werden.

Mit der Regierungsumbildung zog Chirac die Konsequenzen aus dem Debakel bei der Volksabstimmung am vergangenen Sonntag. Der neue Regierungschef, der von 2002 bis 2004 Außenminister war, hatte sich zusammen mit Chirac entschieden gegen die Invasion des Iraks unter Führung der USA gewandt und gilt als ein engagierter Verfechter der deutsch-französischen Partnerschaft. Allerdings ist seine Ernennung in der konservativen Regierungspartei nicht unumstritten. Ihm wird vorgeworfen, sich noch nie einer allgemeinen Wahl gestellt zu haben.

Sarkozy (50), dessen Kampf um die Nachfolge Chiracs 2007 bereits begonnen hat, war bereits von Mai 2002 bis März 2004 Innenminister. Er werde sich der Verantwortung und seinen Aufgaben stellen, sagte Sarkozy. Er wolle nicht «zuschauen, wenn das Schiff untergeht».

Raffarin hatte nach der Wiederwahl Chiracs im Mai 2002 das Amt des Premierministers übernommen. Sein Markenzeichen war die unbedingte Loyalität zum Präsidenten. Reformen und Sparprogramme hatten seine Popularität in den letzten Monaten auf ein Rekordtief sinken lassen.

Villepin sei die «bestmögliche Wahl», sagte der Vorsitzende der Nationalversammlung, Jean-Louis Debré. In den Reihen der Opposition stieß die Ernennung des parteilosen Politikers auf heftige Kritik. Villepin als Premierminister sei «eine wirkliche Provokation derjenigen, die eine deutliche Änderung der Politik in Frankreich gefordert haben», sagte der grüne Politiker Yves Contassot.

Chirac wollte seine Entscheidung zur Regierungsumbildung am Dienstagabend in einer Fernsehansprache erläutern. Das Ergebnis des Referendums, bei dem rund 55 Prozent der Franzosen gegen die EU- Verfassung gestimmt hatten, war auch eine schwere Schlappe für die Regierung in Paris. Zu den wichtigen Beweggründen zählten dabei die Unzufriedenheit über die Wirtschaftspolitik der Regierung in Paris und Sorge um die Arbeitsplätze. Chirac hatte daraufhin einen «neuen Impuls» in der Regierungspolitik versprochen. (tso)

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