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Politik: Clement ist zufrieden mit dem schnellen Übergang nach dem Rücktritt Schleußers

Noch am Abend vorher glühten die Telefondrähte. Einen neuen Finanzminister hatte Wolfgang Clement zu diesem Zeitpunkt gefunden, der bisherige Wirtschaftsminister Peer Steinbrück sollte das Amt übernehmen.

Noch am Abend vorher glühten die Telefondrähte. Einen neuen Finanzminister hatte Wolfgang Clement zu diesem Zeitpunkt gefunden, der bisherige Wirtschaftsminister Peer Steinbrück sollte das Amt übernehmen. Nur ein entscheidendes Hindernis hatten sie noch nicht bewältigt: Der Wunschnachfolger für Steinbrück bat um etwas Bedenkzeit. Für einen Moment spielte man mit der Idee, das Kabinettsrevirement aufzuschieben, doch dann kam der erwartete Anruf. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Schwanhold sagte zu. Wolfgang Clement atmete auf, denn seine Mitarbeiter hatten die Presse zu diesem Zeitpunkt schon für den nächsten Morgen in den Landtag bestellt. "Ich werde mich schnell entscheiden", hatte Clement unmittelbar nach dem Rücktritt von Heinz Schleußer zugesagt, und manch einer in Düsseldorf begann zu zweifeln, ob er sein Wort würde einhalten können. Vor allem die Kollegen von der CDU-Opposition hatten argwöhnisch gestreut, dass Clement erhebliche Schwierigkeiten mit der Besetzung habe, weil kaum eine profilierte Persönlichkeit bereit sein werde, drei Monate vor der Landtagswahl auf den Chefsessel im Wirtschaftsministerium zu wechseln.

Mit dem sicheren Gefühl dafür, einen kleinen Coup gelandet zu haben, betrat Clement am frühen Morgen den Landtag. In den vergangenen Tagen war den Spitzengenossen noch einmal klar geworden, welche Lücke Heinz Schleußer gerissen hat. Der alte Finanzminister galt über die Parteigrenzen hinweg als ausgewiesener Fachmann. Kurz nach seinem Rückzug wurden schnell einige Namen gehandelt, die alle einen entscheidenden Nachteil hatten: Weder Annette Fugmann-Heesing, die Berlinerin, noch Barbara Hendricks, die Staatssekretärin Eichels, sitzen künftig im Düsseldorfer Landtag. "Das geht nicht, ein Finanzminister muss aus der Fraktion kommen", hatte eine interne Runde um Wolfgang Clement relativ schnell erkannt. Damit waren diese Namen gestrichen.

Peer Steinbrück arbeitet zwar erst seit Oktober 1998 wieder in Düsseldorf, aber er hat den - sicheren - Wahlkreis von Klaus Matthiesen übernommen und dürfte demnach ab Mai ein Mandat haben. Auch als Wirtschaftsminister hat er sich in die finanzpolitische Debatte mit der Bundesregierung eingeschaltet. "Wir brauchen eine stärkere mittelständische Komponente", hatte Steinbrück mit Blick auf die Steuerreform gefordert. "Er bringt beste Voraussetzungen mit", lobte ihn Clement und fügte noch hinzu, "er übernimmt die wichtigste Aufgabe innerhalb der Landesregierung". Der Finanzminister hat im Kabinett, darauf wies Schleußer gerne hin, als einziger Minister ein Vetorecht und kann nur vom Ministerpräsidenten überstimmt werden. Ernst Schwanhold passt als wirtschaftspolitischer Modernisierer aus der Bundestagsfraktion zu Clement und Steinbrück. "Ich will mich vor allem um den Mittelstand kümmern", sagte Schwanhold bei seinem ersten Auftritt.

Die Erleichterung durch den schnellen Ministerwechsel kam Clement gelegen. Denn am Vortag hatte ein früher im Auftrag der Westdeutschen Landesbank tätiger Pilot, ein verurteilter Straftäter, im Untersuchungs-Ausschuss zur Flugaffäre ungeheuerliche Geschichten erzählt. WestLB-Chef Friedel Neuber, so glaubt Ralph Henry Ermisch, sei erpressbar gewesen, weil es Pornofotos gebe und über den Wolken Prostituierte als Stewardessen besondere Dienste geleistet hätten. "Es sind allerdings keine Landespolitiker beteiligt", hatte der Zeuge hingefügt, was die Sache für Neuber kaum erträglicher macht. Da der Mann, der nach Ansicht des Ausschuss-Vorsitzenden an etlichen Stellen nicht die Wahrheit gesagt hat, vereidigt wurde, hat sich Neuber zu einer Klage entschlossen. "Nach diesem Tag wird deutlich, aus welchem Sumpf sich alle bedienen, die uns da attackieren", wetterte Wolfgang Clement.

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