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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender

© dpa/Michael Kappeler

CSU-Chef Söder bei „Caren Miosga“: „Meine Höflichkeit gebietet, nicht zu sagen, was ich jetzt denke“

Bei „Miosga“ findet Markus Söder kreative Wege, das Rentendesaster schönzureden. Umso klarer spricht er über seine Haltung zur AfD – und einen Fehler von Friedrich Merz. Die TV-Kritik.

Stand:

Das Rentenpaket steht, die Koalition hält – zumindest vorerst. CSU-Chef Markus Söder kann sich über die Mütterrente freuen. Wie schlug sich der bayerische Ministerpräsident am Sonntagabend bei „Caren Miosga“? Die ARD-Sendung in der TV-Kritik.

Krise? Welche Krise?

Am Freitag ist die Regierung bei der Abstimmung über das Rentenpaket haarscharf an der ganz großen Krise vorbeigeschlittert. Drei Stimmen weniger, und das Fortbestehen der Koalition wäre ungewiss gewesen. Oder wie Söder es ausdrückt: „Eine Punktlandung mit etwas stürmischem Wetter vorneweg.“

Was sich der bayerische Ministerpräsident an Beschönigungen zusammenschustert, um den Riesenkrach innerhalb der Koalition kleinzureden, hat Comedy-Potenzial. Eine kleine Auswahl gefällig? Vor der Abstimmung über das Rentenpaket habe es eine „intensive“, aber auch eine „sehr bewusstseinsbildende“ Diskussion gegeben. (Manche würden von Drohungen sprechen).

„Auch wenn man in der 95. Minute gewinnt, hat man gewonnen“, befindet Söder. Außerdem: Am Ende „stand die Mehrheit, und sie stand sehr, sehr überzeugend“. Also alles in Butter.

Ganz aus der Welt ist die Rentenfrage dann doch noch nicht, schließlich hat sich die Koalition weitaus größere Reformen vorgenommen. Wie die aussehen, darüber soll auch eine Rentenkommission befinden. Wenn es nach Söder geht, wird diese Kommission allerdings „über ganz andere Fragen“ als über die Mütterrente diskutieren.

Das Schicksal seines Herzensprojekts, das der CSU-Chef wieder einmal mit reichlich Pathos verteidigt („Ich argumentiere für Frauen, die keine Lobby haben“), scheint Söder jedenfalls keiner Kommission überlassen zu wollen. Gegen den Eindruck, Denkverbote zu erteilen, wehrt er sich: „Ich mache kein Basta, ich argumentiere ja.“ Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie die beiden anderen Koalitionspartner ihre Lieblingsprojekte ebenfalls schleunigst mit Argumenten abschirmen.

Ganz am Ende seiner Überlegungen angekommen, bekennt sich Söder dann doch klar zur Kommission. Ob er zusagen könne, dass deren Vorschläge „in dieser Legislatur auch umgesetzt werden“, fragt Miosga. „Ja, das haben wir auch den Jungen versprochen“, antwortet der Ministerpräsident.

Die Schmuddelkinder und der Landesvater

Söder nutzt die Sendung, um sein Verhältnis zur AfD auszubuchstabieren, und zwar überraschend deutlich. Ob es ein Fehler gewesen sei, dass die Union im Bundestagswahlkampf Anfang des Jahres gemeinsam mit der AfD gestimmt habe, möchte die Moderatorin wissen. „Ich glaube ja“, sagt Söder.

Die Entscheidung habe damals bei Friedrich Merz gelegen: „Ein Kandidat hat im Wahlkampf immer recht.“ Nun hatte Söder zumindest 2021 keine allzu großen Hemmungen, dem CDU-Kanzlerkandidaten in die Parade zu fahren. Dass er sich als selbstbewusster CSU-Chef ausgerechnet in dieser richtungsweisenden Frage aus purer Loyalität gebeugt haben soll, im Innern aber das Gegenteil für richtig hielt, wirkt etwas weit hergeholt. Möglicherweise ist es die Meinungsforschung, die nun zu einem anderen Urteil bei Söder führt.

Von einer Zusammenarbeit mit der AfD hält der CSU-Chef mittlerweile jedenfalls wenig. „Jede Form der Kooperation würde dazu führen, dass es uns zerreißt, dass es die stärker macht“, betont er. Bei Gesetzesvorhaben müsse man sich stets auf eine eigene Mehrheit ohne die AfD stützen.

„Das ist eine Quatschidee“, verwirft Söder auch Gedankenspiele über eine mögliche unionsgeführte Minderheitsregierung im Bund. „Dass sozusagen die Schmuddelkinder von der AfD dann so heimlich die Mehrheiten besorgen, das funktioniert nicht“, ist er überzeugt. „Die wollen die Union ersetzen, überflüssig machen.“

Söder unter Damen

Im zweiten Teil der Sendung sind die Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, Monika Schnitzer, und die „FAZ“-Wirtschaftsjournalistin Julia Löhr zu Gast. Sie rechnen schonungslos mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ab. Das Fazit: Während Maßnahmen für mehr Wachstum ausblieben, gebe die Regierung Milliarden für Klientelinteressen aus, etwa über die Erhöhung der Pendlerpauschale oder die Senkung der Gastro-Steuer.

Söder will sich diesen Schuh natürlich nicht anziehen. „All diese Dinge zusammen“ seien für ganz Deutschland wichtig, behauptet er. Der Ausgleich durch die Pendlerpauschale etwa komme „dem ländlichen Raum zugute“, sagt der Ministerpräsident. „Er kommt allen zugute. Manche brauchen’s, manche brauchen’s nicht“, kritisiert Schnitzer. „Aber wenn es allen zugutekommt, kann es ja nicht total falsch sein“, meint Söder. Eine eigenwillige Logik.

Streit gibt es auch über das Verbrenner-Aus. 2035 sei als Ausstiegsdatum für die Industrie „nicht schaffbar“, kritisiert Söder. Mit Gegenargumenten kommt die „liebe Frau Professor“ (Söder über Schnitzer) nicht weit. „Sie sind kein Ingenieur, ich bin kein Ingenieur“, sagt Söder. Miosga weist ihn darauf hin, dass es hier vor allem um politische Fragen geht.

„Meine Damen, machen Sie es bitte nicht so einfach“, beharrt Söder. Keiner am Tisch sei schon mal in der Produktion tätig gewesen. Und während seine beiden Mitdiskutantinnen gerne „relativ theoretisch über die Schicksale der Menschen reden“ dürften, müsse er selbst darauf achten, „dass ich die Menschen mitnehme“. Anders formuliert: Seid gefälligst ruhig auf den billigen Plätzen!

Als Schnitzer dann noch von den „unproduktiven Unternehmen, wie wir sie in Bayern haben“, spricht – die Rede ist von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben –, wird es Söder zu bunt. „Meine Höflichkeit gebietet, nicht zu sagen, was ich jetzt denke“, murrt er. „Die bayrischen Landwirte sind doof, ganz Bayern ist doof, und die Autombilindustrie ist doof – alle sind doof.“

„Drehen Sie mir nicht das Wort im Mund rum“, kontert Schnitzer. „Ich wusste gar nicht, dass Sie Professorin für Agrarwirtschaft sind“, hört der bayrische Ministerpräsident nicht auf zu sticheln. Er kann es nicht lassen, der „freundlichste CSU-Vorsitzende seit Jahrzehnten“ (Söder über Söder).

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