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Gewaltige Schäden. Die deutsche Wirtschaft erleidet Jahr für Jahr enorme Verluste durch Angriffe von Hackern. Viele Täter kommen aus Russland.

© imago images/MiS

Cyber-Kriminalität boomt in Deutschland: Hacker richten Schäden in dreistelliger Milliardenhöhe an

Das Bundeskriminalamt legt sein Lagebild Cybercrime für 2021 vor. Die Zahlen sind alarmierend, die Polizei wirkt überfordert.

Von Frank Jansen

Gigantische Schäden, geringe Erfolge der Sicherheitsbehörden - die rasch wachsende Cyberkriminalität wird eine schwere Belastung für die Bundesrepublik. Die Polizei registrierte 2021 insgesamt 146.363 Straftaten von Hackern und Computerbetrügern. Das ist eine Zunahme um mehr als zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Täter richteten Schäden in Höhe von 223,5 Milliarden Euro an und damit mehr als doppelt soviel wie 2019.<TH>Die Zahlen stehen im „Bundeslagebild Cybercrime 2021“, das die Vizepräsidentin des Bundeskriminalamts, Martina Link, am Montag in Berlin vorstellte.

Schwache Aufklärungsquote sank auch noch

Die Polizei wirkt überfordert. Die Aufklärungsquote lag im vergangenen Jahr bei nur 29,3 Prozent. Das bedeutet zudem einen leichten Rückgang gegenüber 2020. Die Aufklärungsquote bei Kriminalität insgesamt in Deutschland ist mit 58,7 Prozent doppelt so hoch. Als Gründe für den beunruhigenden Trend nennt das BKA die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft, die verstärkte Anonymisierung im Netz und die komplexen Ermittlungen bei häufig im Ausland befindlichen Tätern. Das stelle „eine besondere Herausforderung für alle mit Cybercrime befassten Dienststellen dar“.

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Eine der größten Gefahren geht von Hackern aus, die Daten auf Servern von Staat und Wirtschaft verschlüsseln und ein Lösegeld verlangen. Die „Ransomware“-Methode bleibe die „Cyber-Bedrohung mit dem höchsten Schadenspotenzial“ und sei 2021 „nochmals deutlich angestiegen“, heißt es im Lagebild. Spektakulärster Fall war der Angriff der Hackergruppe „pay or grief“ (zahle oder leide) auf die Verwaltung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld (Sachsen-Anhalt) im Juli 2021. Die Täter verschlüsselten massiv Daten und wollten eine halbe Million Euro über die Kryptowährung Monero erpressen. Die Kreisverwaltung lehnte ab, sah sich aber gezwungen, alle IT-Systeme herunterzufahren. Vermutlich erbeuteten die Täter Daten im Volumen von 63 Gigabyte. Einen Teil, darunter private Angaben zu 42 Mitgliedern des Kreistages von Anhalt-Bitterfeld, stellten die Cyberkriminellen ins Darknet, um den Druck zu erhöhen.

Erstmals Katastrophenfall wegen Cyberattacke

Der damalige Landrat Uwe Schulze (CDU) rief den Katastrophenfall aus. Das war das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Cyberangriff so drastische Folgen hatte. Erst im Januar 2022 konnte der Katastrophenfall beendet werden. Die IT-Systeme des Landkreises sind aber immer noch nicht vollständig wiederhergestellt. Alles in allem entstanden Anhalt-Bitterfeld Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro.
Die Pandemie und Russlands Angriff auf die Ukraine haben zudem Cyberkriminalität einen Schub versetzt. Die fortschreitende Digitalisierung in Coronazeiten schaffe „eine Vielzahl neuer Tatgelegenheiten“, steht im Lagebild. Und im Krieg trete „die Bedeutung staatlich gelenkter sowie geduldeter Cybercrime-Akteure besonders zutage“. Ein aktueller Fall sind die Angriffe der prorussischen Hackergruppe "Killnet" auf den Bundestag, das Bundesverteidigungsministerium, das BKA und weitere Polizeibehörden sowie auf die SPD-Website von Bundeskanzler Olaf Scholz. Killnet attackiert mit der DDoS-Methode ("Distributed Denial of Service"), damit werden Server gezielt überlastet. DDoS-Attacken sind allerdings ebenfalls ein dynamisch wachsendes Problem, über Gruppen wie Killnet hinaus. Die Deutsche Telekom, so wird im Lagebild berichtet, registriere pro Monat im Schnitt 2335 DDoS-Attacken.

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