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Politik: Das Auge des KGB

Präsident der Ukraine verteidigt sich in der Geheimdienstaffäre

So hatte sich der ukrainische Präsident seinen Besuch in Berlin wohl nicht vorgestellt: Statt öffentlich für eine Annäherung seines Landes an die EU zu werben, musste sich Leonid Kutschma mit den Vorwürfen eines Geheimdienstgenerals auseinandersetzen. Waleri Krawtschenko, der seinen Dienst als Botschaftsrat in Berlin unmittelbar vor dem Besuch des Präsidenten quittierte, hatte Kutschma beschuldigt, die Opposition im Ausland ausspionieren zu lassen. Kutschma betonte, Krawtschenko sei ein früherer KGBMann. Die Ukraine trenne sich von dem Erbe aus der Zeit, „als das Auge des KGB überall war“, sagte Kutschma zum Abschluss der deutsch-ukrainischen Konsultationen. Krawtschenko hätte ohnehin entlassen werden sollen. Der Präsident bestritt, dass der General die Opposition bespitzeln sollte: Seine Aufgabe sei es gewesen, mit deutschen Geheimdiensten in Kontakt zu stehen. Der General bekräftigte unterdessen seine Vorwürfe. Nach Angaben der ARD sollte er auch Informationen über deutsche Journalisten sammeln.

Bundeskanzler Gerhard Schröder versprach der Ukraine Hilfe beim Beitritt in die Welthandelsorganisation WTO und plädierte dafür, dass die EU dem Land den Status einer Marktwirtschaft verleiht. Kutschma diskutierte mit Schröder auch verschiedene Verfassungsmodelle. Zuvor hatte der autoritär regierende Staatschef erkennen lassen, er sehe im deutschen Grundgesetz ein Vorbild. Die Bundesregierung habe ein großes Interesse an einer „stabilen, demokratischen und rechtsstaatlich verfassten Ukraine“, betonte Schröder. Der Kanzler sagte schließlich auch etwas, was sonst bei einem Staatsbesuch ungesagt bliebe: Kutschma werde bei der Wahl im Herbst nicht wieder antreten. Lange hatte es in Kiew Spekulationen gegeben, ob der Präsident die Verfassung ändern und sich eine dritte Amtszeit genehmigen würde. Erst vor kurzem hatte er darauf verzichtet.

Ganz so hatte sich Kutschma seinen Besuch in Deutschland wohl wirklich nicht vorgestellt. Beinahe wäre am Ende sogar die feierliche Übergabe des Gastgeschenks vergessen worden: Der Präsident überreichte Schröder zwei Bände mit „Beutekunst“, Grafiken aus dem Dresdner Kupferstichkabinett.

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