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Pharma-Lobby: Das Ende der Geheimniskrämerei

Die Pharma-Industrie hadert mit ihrem schlechten Ruf - und will darum ihre Zahlungen an Ärzte und Forscher offenlegen. Doch Transparency International warnt: Bestechung könnte dadurch nur "versteckter" erfolgen.

Die Pharmahersteller haben angekündigt, eines ihrer bestgehüteten Geheimnisse zu lüften: die Zahlungen an Ärzte und Forscher. Stefan Oschmann, Vorstandsmitglied des europäischen Arzneiherstellerverbandes Efpia, begründete die Initiative im Gespräch mit dem Tagesspiegel indirekt mit dem schlechten Ruf der Pharmalobby in Politik und Öffentlichkeit. Transparenz sei „der beste Weg, um Vertrauen zu festigen“ und ein „wichtiges Element zur Stärkung der Reputation der pharmazeutischen Industrie“. Efpia gehören alle großen forschenden Pharmafirmen an, darunter Bayer, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithKline, Merck, Novartis, Pfizer, Roche und Sanofi-Aventis.

Oschmann betonte gleichzeitig, dass gesetzeskonforme Vereinbarungen zwischen Ärzten und Arzneiherstellern nichts Ehrenrühriges seien. Im Gegenteil: Man sei „der festen Überzeugung, dass das Zusammenwirken zwischen Fachkräften im Gesundheitswesen und der pharmazeutischen Industrie einen tiefgreifenden und positiven Einfluss auf die Behandlung von Patienten und die Forschung“ habe.

Ende März hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, dass sich Kassenärzte mit der Entgegennahme von Pharma-Geldern für die Verordnung bestimmter Medikamente nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen.

Vorbild für die Transparenz-Offensive ist der „Physician Payment Sunshine Act“ der USA, wonach alle Anbieter erstattungsfähiger Arznei und Medizintechnik der Regierung ab 2013 ihre Zuwendungen an Ärzte und Kliniken auflisten müssen. Die Bundesärztekammer begrüßte den Vorstoß der Arzneihersteller. Er sei „sehr dafür, dass man endlich aufhört mit der Geheimniskrämerei“, sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Die habe ohnehin nur zu Unterstellungen geführt, die mit der Realität nichts zu tun hätten. „Wer nichts zu verbergen hat, braucht Transparenz nicht zu scheuen“, sagte Montgomery. Er verstehe bloß nicht, wieso die Pharmaindustrie mit den Veröffentlichungen noch bis 2015 warten wolle.

Die Antikorruptionsorganisation Transparency International äußerte sich indes skeptisch. Die Initiative diene einer offenbar als notwendig empfundenen Imagepflege, sagte Vorstandsmitglied Wolfgang Wodarg. Am generellen Problem, dass die Pharmaindustrie nicht an der Gesundheit der Patienten, sondern allein an Gewinnmaximierung interessiert sei, werde sich damit nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass Bestechung künftig nur „versteckter“ und „über spezielle Subunternehmen“ erfolge.

Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach blieb zurückhaltend. Der Vorstoß ändere nichts an der Forderung seiner Partei, die so genannten Anwendungsbeobachtungen von Arzneimitteln zu verbieten und alle daran teilnehmenden Mediziner „zu outen“. Die von der Industrie bezahlten angeblichen Studien seien nichts anderes als „legalisierte Korruption unter dem Deckmantel der Forschung“ – ohne medizinischen Wert und „oft zum Schaden der Patienten“. Schätzungen zufolge lässt sich die Pharma-Branche diese Arzneivermarktung mehr als eine Milliarde Euro im Jahr kosten.

Der Transparenz-Kodex werde nun „so schnell wie möglich“ ausgearbeitet, kündigte Efpia-Vorstandsmitglied Oschmann an. Allerdings müssten vorher noch einige entscheidende „Fragen im Zusammenhang mit Privatsphäre, Vertraulichkeit von Informationen und Interessenkonflikten“ gelöst werden, sagte er dem Tagesspiegel.

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