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Die Journalistin und Autorin Julia Ruhs.

© Imago/Future Image/Thomas Bartilla

„Das hätte so nicht passieren dürfen“: NDR räumt Fehler im Fall Julia Ruhs ein

Es seien gleich auf mehreren Ebenen Fehler gemacht worden, heißt es. Allerdings sei immer klar gewesen, dass der NDR Julia Ruhs „nur für die drei Piloten engagiert“ habe.

Stand:

Der neue Intendant des Norddeutschen Rundfunks, Hendrik Lünenborg, hat den Umgang seines Hauses mit dem neuen Reportagemagazin „Klar“ und dessen Moderatorin Julia Ruhs scharf kritisiert. „Das hätte so, wie es passiert ist, nicht passieren dürfen“, sagte Lünenborg, der erst seit 1. September im Amt ist, am Freitag bei der Sitzung des NDR-Rundfunkrats in Hamburg.

Es seien gleich auf mehreren Ebenen Fehler gemacht worden, so Lünenborg weiter. Dies betreffe das „Programm-Management, die Überführung von ,Klar’ in den Regelbetrieb nach der Pilotphase und anschließend in der Kommunikation.“

Die Diskussion um das ausdrücklich konservative Stimmen berücksichtigende Magazin hatte für massive Kritik auch aus politischen Kreisen gesorgt. Der NDR hatte zunächst nur mitgeteilt, das gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) verantwortete Format werde zwar fortgesetzt. Der NDR werde aber nicht mehr mit der Moderatorin Julia Ruhs zusammenarbeiten, die die bislang drei Pilotausgaben von „Klar“ moderiert hatte. Ruhs, die nicht beim NDR angestellt, sondern freie Mitarbeiterin des BR ist, hatte dem NDR darauf „Cancel Culture“ und mangelnde Meinungsvielfalt vorgeworfen.

Intendant will Augenhöhe mit Publikum

Zuvor hatte die „Welt“ über eine interne NDR-Kampagne gegen „Klar“ und Ruhs berichtet. Mit Blick auf den internen Umgang mit dem Thema sagte Lünenborg: „Unsere Debattenkultur ist im Moment nicht im allerbesten Zustand“. Der NDR wolle jetzt einen Prozess aufsetzen, der Debattenkultur nachhaltig verbessere, so der Intendant. Ihm sei die Perspektivenvielfalt wichtig. Da dies kein Selbstläufer sei, werde auch hier ein entsprechender Prozess aufgesetzt. „Die Perspektivenerweiterung ist die zentrale Aufgabe für den NDR in den nächsten Jahren“, so Lünenborg.

Die Kontroverse hatte auch den Amtsantritt des neuen Intendanten überschattet. So hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nicht an der offiziellen Amtseinführung von Lünenborg Mitte September teilgenommen, sondern eine zeitgleich stattfindende Lesung von Julia Ruhs besucht, wo diese ihre neuen Buch „Links-grüne Meinungsmacht - die Spaltung unseres Landes“ vorstellte. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimar (parteilos) und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatten den NDR zum Teil scharf kritisiert.

Nicht mit politischen Folgen gerechnet

Der für „Klar“ zuständige NDR-Programmdirektor Frank Beckmann räumte Fehler in der Kommunikation ein. Nach dem „durchgestochenen Artikel in der “Welt’„ hätte der NDR sich erklären müssen, sei aber dazu noch nicht in der Lage gewesen. Die politische Dimension habe man ebenfalls nicht gesehen: „Wir haben nicht damit gerechnet, dass das höchste politische Kreise erreicht.“

Dabei sei immer klar gewesen, dass der NDR Julia Ruhs „nur für die drei Piloten engagiert“ habe. „Wir haben ihr nie gesagt, dass sie weitere Sendungen moderieren wird“, sagte Beckmann. Nach den Vorwürfen von Ruhs hatte der NDR mitgeteilt, dass künftig die ehemalige „Bild“-Chefredakteurin Tanit Koch die vom NDR verantworteten Ausgaben von „Klar“ moderiert. Julia Ruhs bleibt Moderatorin der „Klar“-Folgen des BR.

Der Rundfunkratsvorsitzende Nico Fickinger sagte, das Gremium habe massive Kritik am Vorgehen des NDR erhalten. Diese sei sehr oft „zu pauschal“ und sprachlich zum Teil fragwürdig gewesen. Gegen die erste Folge von „Klar“ über Migrationspolitik liegt eine formale Programmbeschwerde nach dem Rundfunkstaatsvertrag vor. Über diese sollte im weiteren Verlauf der Sitzung beraten werden.

NDR und BR hatten das Reportagemagazin im April gestartet. Es sollte nach der Ankündigung des NDR „große Streitfragen“ aufgreifen, „die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden“. Vor allem an der ersten Ausgabe des Magazins mit dem Titel „Klar - Migration: was falsch läuft“, die am 9. April im NDR gesendet wurde und seither in der ARD-Mediathek steht, hatte es viel Kritik im Sender, aber auch von außen gegeben. Die Ausgabe „Klar - Der Frust der Bauern“ wurde am 11. Juni beim NDR gesendet, die dritte Ausgabe „Klar - Hat Corona uns zerrissen?“ folgte am 30. Juli. (KNA,epd)

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