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Zwei Protagonisten der Corona-Pandemie heute im Bundestag: Hendrik Streeck und Jens Spahn (r., beide CDU).

© IMAGO/Political-Moments/imago

„Das ist der Bundestag der Bevölkerung schuldig“: So lief die Debatte zur Aufarbeitung der Pandemie im Parlament

Eine Enquete-Kommission soll Lehren aus der Pandemie ziehen und damit auch einen Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden leisten. Davon ist in der Debatte noch wenig zu spüren.

Stand:

Mehr als fünf Jahre sind seit jenen Tagen im März 2020 vergangen, als plötzlich alles anders war und sich das Land in einer Krisensituation befand, wie es sie seit Jahrzehnten nicht erlebt hatte.

Wie hätten Gesundheitsschutz und Freiheitsrechte besser ausbalanciert werden können? Wie stand es um die demokratische Beteiligung des Parlaments an den Entscheidungen? Und wie kann sich Deutschland besser auf zukünftige Pandemien vorbereiten?

Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der mit je 14 Abgeordneten und Experten besetzten Enquete-Kommission, deren Einsetzung der Bundestag heute beschlossen hat. In zwei Jahren soll sie ihren Abschlussbericht vorlegen.

In der vergangenen Wahlperiode hatten sich die Parteien nicht auf das richtige Format für die Aufarbeitung einigen können. Darüber besteht nun weitgehende Einigkeit. Nur die AfD verlangte statt der eher auf gemeinsame Lehren für die Zukunft ausgerichteten Enquete-Kommission einen Untersuchungsausschuss, dessen vordringliche Aufgabe es wäre, etwaige Fehlentscheidungen und Versäumnisse aufzudecken.

War der Umgang mit Impfungen und Tests richtig? Auch dieser Frage wird sich die Kommission annehmen.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Entsprechend scharf ging der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stephan Brandner, die übrigen Fraktionen in seiner Rede an. Er unterstellte, sie wollten den „Mantel des Schweigens“ über die Vorgänge ausbreiten; in der Kommission könne man „rumlabern“, echte Konsequenzen seien von den anderen Fraktionen aber nicht gewollt.

Ein Untersuchungsausschuss sei ein politisches Kampfinstrument und für eine wirksame Aufarbeitung ungeeignet, argumentierte hingegen der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Hendrik Hoppenstedt. Es gehe nun darum, „nach vorn zu schauen und Lehren für zukünftige Pandemien“ zu ziehen.

Lina Seitzl (SPD) ergänzte, sie hoffe, dass die Arbeit der Kommission zeigen werde, dass Politik in der Lage sei, sich selbst zu hinterfragen, Gutes zu benennen und Fehler zu erkennen.

Grüne und Linke tragen die Einsetzung der Kommission mit. Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, betonte, die Maßnahmen seien „die einschneidendsten Grundrechtseingriffe in der Geschichte unseres Landes“ gewesen. „Deshalb ist der Deutsche Bundestag es der Bevölkerung schuldig, diese Pandemie parlamentarisch aufzuarbeiten“, so Limburg.

Uneinigkeit über zusätzlichen Untersuchungsausschuss

Keine Einigkeit bestand zwischen den Regierungsfraktionen und der Opposition hingegen in der Frage, ob es neben der Enquete-Kommission noch einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Affäre um die Maskenbeschaffung des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn brauche.

Grüne und Linke nutzten die Debatte, die Forderung danach zu erneuern. „Sind staatliche Gelder nur fahrlässig verschleudert worden oder wurden Unionsparteigänger und -nahestehende bewusst begünstigt?“, fragte etwa der Linken-Abgeordnete Ates Gürpinar. Dies zu klären, sei Sache eines Untersuchungsausschusses.

Allerdings fehlen den beiden Fraktionen im Bundestag die nötigen Stimmen, um diesen einzusetzen. Die AfD signalisierte erneut ihre Bereitschaft zur Zustimmung, auf deren Stimmen möchten Grüne und Linke aber nicht angewiesen sein. Zuletzt schlossen allerdings auch vereinzelte SPD-Abgeordnete einen solchen Untersuchungsausschuss nicht mehr aus.

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